Nicht nur Wasser: Welchen Aktionsplan soll Österreich zur Erreichung der Millenniumsziele 1) erstellen? Antworten auf diese Frage 2) geben Außenministerin Benita Ferrero Waldner und die Expertin für Entwicklungsfinanzierung, Martina Neuwirth 3).
Benita Ferrero-Waldner:
Die Erklärung der Millenniumsziele setzt ambitionierte Ziele bei der Reduktion der Armut. Klar ist: ohne eine Erhöhung der finanziellen Anstrengungen ist das nicht möglich. Die Millenniumsziele verlangen aber auch von den Entwicklungsländern, dass sie entsprechende Rahmenbedingungen durch verantwortungsvolle Regierungsführung, Beachtung der Menschenrechte und Gewährleistung von Rechtsstaatlichkeit sicherstellen.
Die EU und Österreich nehmen die Verpflichtungen der Millenniumserklärung sehr ernst. Am Europäischen Rat in Barcelona und sodann in der Entwicklungsfinanzierungskonferenz von Monterrey haben sich die EU-Länder zu einer Erhöhung ihrer Beiträge für die EZA verpflichtet. Auch Österreich bekennt sich dazu, die geforderte Mittelaufstockung auf 0,33% BNE bis 2006 umzusetzen. Die Barcelona-Zielsetzung ist der Bundesregierung so wichtig, dass wir sie in unser Regierungsprogramm aufgenommen haben. Die Umsetzung kann meiner Ansicht nach nicht schlagartig 2006 erfolgen, sondern soll schrittweise geschehen. Ich werde mich daher dafür einsetzen, dass es bereits 2004 zu einer namhaften Erhöhung der ÖEZA kommt. Ein erhöhtes Volumen bedarf natürlich auch gesteigerter Umsetzungskapazitäten, auch daran wird zur Zeit gearbeitet.
Was ist der österreichische „Aktionsplan“ zur Erreichung der Millenniumsziele? Die Umsetzung der ÖEZA orientiert sich an den Zielvorgaben des EZA-Gesetzes (Armutsbekämpfung, Frieden, Umwelt). Darauf basierend wird jährlich ein Dreijahresprogramm erstellt, das unsere konkreten Zielsetzungen enthält. Mittelfristig peilt Österreich – in Übereinstimmung mit der Millenniumserklärung – beispielsweise die Erreichung folgender konkreter Ziele bis zum Jahr 2015 an:
In Uganda soll es Wasser für alle geben. Beitrag Österreichs: Im Südwesten Ugandas soll die Wasserversorgung von 43 Städten hergestellt und gesichert werden.
In Burkina Faso und in Mosambik soll die Zahl der hungernden Menschen halbiert werden. Beitrag Österreichs: Förderung nachhaltiger Anbaumethoden und der ländlichen Entwicklung in vier Provinzen von Burkina Faso sowie in mehreren Bezirken der Provinz Sofala in Mosambik.
In Bhutan soll die Sterblichkeitsrate für Kinder unter fünf Jahren um zwei Drittel gesenkt werden. Beitrag Österreichs: verbesserte Stromversorgung in den Randbereichen Bhutans, insbesondere für soziale Einrichtungen und Gesundheitszentren.
Die UNO attestiert gute Fortschritte in der Erreichung dieser Ziele, wir wollen den Beitrag Österreichs konsequent fortsetzen.
Martina Neuwirth:
Um die Millenniumsziele zu erreichen und damit die „obszönen“4) globalen Ungleichheiten zu verringern ist Folgendes notwendig: Mehr Geld, eine Änderung von ungerechten Rahmenbedingungen und vor allem der politische Wille, der dies ermöglicht. Zu wenig wurde bisher unternommen und ohne eine radikale Trendwende werden die Ziele nicht erreicht werden.
Österreich kann zu einer solchen Wende beitragen. Dazu gehört die Erhöhung der öffentlichen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit (ODA) auf 0,7 % des Bruttonationaleinkommens. Trotz versprochener Erhöhung wird die ODA aber nicht einmal die Hälfte dessen ausmachen.
Auch sollten die prinzipiell positiven Streichungen österreichischer Kredite nicht in die ODA eingerechnet werden. Die österreichischen Forderungen gehen nämlich auf Exportförderungen und nicht auf entwicklungspolitische Maßnahmen zurück. Außerdem bedeutet 1 Euro Nachlass nicht unbedingt 1 Euro mehr für Armutsbekämpfung. Denn die Kredite konnten meist nur teilweise bedient werden, daher ist auch die Ersparnis für die Schuldnerländer entsprechend geringer.
Die Erhöhung der ODA ist nicht genug. Der Anteil der Programm- und Projekthilfe an der ODA muss erhöht werden (er liegt derzeit bei etwa 20 %). Und die Nichtregierungsorganisationen sollten einen eigenen Anteil am ODA-Budget erhalten. Damit können sie ihre Leistungen, die von staatlichen Stellen oder Unternehmen nicht erbracht werden können (wie besserer Zugang zu verarmten Menschen und Nachhaltigkeit der Projekte), besser absichern.
Neben dem wichtigen finanziellen Aspekt können die Millenniumsziele nur bei einem faireren Handels- und Finanzsystem auf internationaler, regionaler und bilateraler Ebene erreicht werden. Menschliche Entwicklung und die Reduzierung von Armut müssen dabei die Ausgangspunkte sein. Auch hier kann Österreich als Einzelstaat wie auch als Mitglied der EU aktiv werden.
Dazu ist allerdings eine enge Kooperation der betreffenden Ministerien notwendig. Das Entwicklungszusammenarbeits-Gesetz bietet dafür eine gute gesetzliche Grundlage, denn in § 1, Abs. 5 heißt es: „Der Bund berücksichtigt die Ziele und Prinzipien der Entwicklungspolitik bei den von ihm verfolgten Politikbereichen, welche die Entwicklungsländer berühren können.“
Hat die Bundesregierung den für all diese Maßnahmen nötigen politischen Willen?
1) Im Jahr 2000 hat sich die internationale Gemeinschaft zu den sogenannten Millenniumszielen verpflichtet. Sie zielen auf die Reduzierung des Anteils der in absoluter Armut lebenden Menschen auf die Hälfte bis zum Jahr 2015 ab. www.un.org
2) An dieser Stelle im SÜDWIND-Magazin werden aktuelle entwicklungspolitisch relevante Fragen gestellt. Antworten geben die politisch für Entwicklungszusammenarbeit verantwortliche Außenministerin Ferrero-Waldner sowie vom SÜDWIND eingeladene ExpertInnen.
3) Martina Neuwirth ist Referentin für Entwicklungsfinanzierung bei der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz (KOO).
4) laut UN-Entwicklungsprogramm UNDP.