Wir dürfen wieder einmal unseren Nationalrat wählen. Doch spielen die wirklich zentralen Fragen im Wahlkampf überhaupt eine Rolle?
"Wir setzen uns für globale Gerechtigkeit ein.“ – „Unser Steuergeld für eine bessere Welt.“ – „Sagen wir der Armut auf der Erde den Kampf an.“
Diese oder ähnliche Slogans werden Sie wohl dieser Tage auf keinem Wahlplakat lesen. Warum auch? Zwar leidet jeder achte Mensch auf der Welt an Hunger. Manche Unternehmen sind reicher als die ärmsten Staaten. Und die Summe, die Österreich für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) ausgibt, war im Vorjahr mit 0,28 Prozent des Bruttonationaleinkommens beschämend niedrig. Doch die WählerInnen in Österreich interessiert das wenig – davon gehen zumindest die PolitikerInnen aus.
Ein Blick auf die zu Redaktionsschluss veröffentlichten Wahlprogramme der im Parlament vertretenen Parteien zeigt: Ganz vergessen hat Österreichs Politik den Rest der Welt nicht. So widmet die SPÖ von ihren 111 Projekten für Österreich immerhin Projekt Nummer 37 und damit eine großzügige Viertelseite dem Ziel „Gerechtigkeit weltweit voranbringen“ und bekräftigt neben anderen Punkten das Ziel der 0,7% für die EZA. Die ÖVP will die „Welt mitgestalten“ und betont dabei in ein paar Zeilen unter anderem die Wichtigkeit der Menschenrechtspolitik. Und die Grünen proklamieren auf ihrer Website „Morgen noch schnell die Welt retten“, präsentieren allerdings in der Kurzversion ihres Wahlprogramms wenig Pläne dazu, die über Österreichs Grenzen hinausreichen.
Es geht um Bildung. Um Gesundheit, Pensionen, Asyl. Und natürlich um die Wirtschaft. Ob in Fernsehkonfrontationen oder bei Wahlkampfveranstaltungen – der Einsatz für soziale und ökologische Gerechtigkeit weltweit, der Kampf gegen Armut, Hunger und Elend, das Streben nach einer besseren Welt für alle ErdenbürgerInnen ist kein Thema. Die wirklich zentralen Fragen für die Weltgesellschaft werden also nebensächlich, wenn es darum geht, Stimmung und Stimmen zu machen. Dabei läge es gerade in der Verantwortung der Politik, den BürgerInnen in Österreich zu vermitteln, warum uns der Zustand der Welt nicht egal sein kann und weshalb er auch unser eigenes Leben betrifft.
Es gibt sie zwar, die engagierten PolitikerInnen, die seit Jahren unermüdlich um Aufmerksamkeit für diese Randthemen kämpfen und die etwa beharrlich für die Erhöhung der EZA-Mittel eintreten. Aber sie sind EinzelkämpferInnen und besonders zu Wahlkampfzeiten wohl auf verlorenem Posten.
Dürfen wir denn hoffen, auf nach der Wahl? Optimismus scheint leider wenig angebracht, egal welche Koalition als nächste das Land regiert. „Gewinnen“ ist und bleibt die oberste Maxime in unserer Gesellschaft. Man will die meisten Wählerstimmen, den größten Wohlstand, die höchsten Einkommen, die geringste Arbeitslosigkeit, die erfolgreichste Wirtschaft, die sauberste Natur. Wie es dabei den globalen VerliererInnen geht, spielt kaum eine Rolle.
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