Produktionsländer im globalen Süden hängen oft stark vom Tabakanbau ab. Ralf Leonhard schaute sich Kuba, Malawi und Brasilien genauer an.
Mehr Aufmerksamkeit als der Nichtrauchertag, der weltweit am 31. Mai begangen wird, bekommt in Kuba der Tag der TabakarbeiterInnen am 29. Mai. Tabak ist das drittwichtigste agrarische Exportprodukt der Karibikinsel. Die sozialistische Regierung wartet sehnsüchtig auf das Ende des Wirtschaftsembargos der USA, das als Konsequenz des von Barack Obama eingeleiteten Tauwetters kommen sollte – sofern der neue US-Präsident Donald Trump nicht auch diesbezüglich alles auf den Kopf stellt.
Für die hochwertigen kubanischen Zigarren würde sich in den USA ein gigantischer Markt öffnen. ExpertInnen schätzen das Potenzial auf 150 Millionen Zigarren zusätzlich. Derzeit exportiert das Land 100 Millionen „puros“. Die Einschränkung der Anbaufläche ist daher in Kuba kein Thema.
Devisenbringer. Wenn auch die Rolle des Tabaks als Devisenbringer für Kuba nicht unterschätzt werden darf, ist das Land mit knapp 16.000 Hektar Anbaufläche und 300 Millionen produzierten Zigarren global gesehen ein kleiner Fisch. Im afrikanischen Malawi, das derzeit auf der Liste der Weltbank als ärmstes Land der Welt geführt wird, ist der Tabak das wichtigste Agrarprodukt überhaupt. Das Anbaugebiet ist zehnmal so groß wie in Kuba und entspricht fünf Prozent der Ackerfläche – mehr als in jedem anderen Land.
Bis zu 70 Prozent der Deviseneinnahmen werden in Malawi mit dem Export von Tabakwaren erzielt. Geschätzte zwei Millionen der 13 Millionen EinwohnerInnen sind direkt oder indirekt im Tabaksektor beschäftigt.
Reich werden sie damit nicht. Die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, die den Tabakkonzernen zuarbeiten, leben prekär, die verheerenden ökologischen Folgen treffen noch mehr Menschen. Die rapide Entwaldung kann durch die Aufforstungsprogramme der Konzerne nicht wettgemacht werden. Jeder Hektar, der von der Plantagenwirtschaft beansprucht wird, geht für die Nahrungsmittelproduktion verloren.
Die Nichtraucherpolitik in vielen Ländern ist auf Malawis Exporte nicht ohne Wirkung geblieben. Die Wachstumsstrategie des Landes sieht die Diversifizierung der Landwirtschaft vor. Baumwolle und Cassava sollen einen Teil des Tabaks schrittweise ersetzen. Doch mittelfristig sieht Landwirtschafts- und Wasserminister George Claponda noch keine Alternative: „Es gibt kein Produkt, das den Tabak als Devisenquelle ablösen kann.“
Und ausgerechnet die von den G8-Staaten entwickelte Initiative „New Alliance for Food Security and Nutrition“ sieht für Malawi weitere Investitionen in den Tabakanbau vor. Sonja von Eichborn von der deutschen NGO Unfairtobacco.org nennt das „zynisch“: „Malawi hat eine Unterernährungsrate von 23 Prozent. Nun soll die Ernährungssicherheit mit einem Produkt erhöht werden, das den Staat noch stärker von Exporten abhängig macht“, kritisiert die Expertin.
Aus ihrer Sicht müsste man Malawi die Möglichkeit geben, auf Alternativen wie Sonnenblumen für die Ölproduktion oder fair gehandelte Erdnüsse bzw. Tee zu setzen.
Diversifizierung. Brasilien, der größte Tabakexporteur weltweit, versucht bereits einen anderen Weg: Dort wird seit 2005 die internationale Rahmenkonvention zur Tabakkontrolle ernst genommen. Das Agrarministerium rief ein nationales Programm zur Förderung der Diversifizierung in Tabakanbaugebieten ins Leben, das PflanzerInnen, die auf andere Anbaupflanzen umsteigen wollen, finanzielle Unterstützung und Technologie angedeihen lässt.
Besonders erfolgreich sei das Programm, wenn es mit Schulmahlzeiten verknüpft wird, sagt von Eichborn. Die Schulen sind verpflichtet, ein Drittel der Lebensmittel bei lokalen ProduzentInnen einzukaufen. Die Bäuerinnen und Bauern haben dadurch einen sicheren Markt für ihre Produkte. Etwa 30.000 Familien nehmen an dem Programm teil.
Für den Tabakanbau weltweit gilt aber wohl das Gleiche wie für illegale Drogen: Erst mit sinkender Nachfrage wird auch das Angebot zurückgehen. Die frei werdenden Flächen könnten dann der Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung stehen.
Ralf Leonhard, freier Journalist und Südwind-Magazin-Mitarbeiter der ersten Stunde, lebt in Wien und ist Vorstandsmitglied von FIAN Österreich.
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