Bingo“ – Big International NGO – große, international tätige Nichtregierungsorganisation, ist bei uns kein geläufiger Begriff. Die Organisationen, die damit gemeint sind, sind es sehr wohl. Eine Handvoll – die „Multis“ der Branche –, die Wohltätigkeit im großen, internationalen Stil betreiben. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zum Beispiel, Care oder World Vision gehören zu den größten Bingos.
Diese Organisationen genießen vielerorts Steuerbefreiung und haben sich zu mächtigen weltweiten Akteuren entwickelt, mit tausenden Angestellten, Top-Management-Gehältern und Milliarden-Vermögen. Bingos sind zwar ein für US-Amerika typisches Phänomen. Doch die Zuwendungen für diese Organisationen steigen weltweit. Bingos erhalten ein immer größeres Stück vom Spenden-Kuchen. Kleinere Organisationen werden finanziell ausgehungert.
Und „im Feld“ stellen die großen Organisationen die kleineren in den Schatten. Hinter vorgehaltener Hand hört man auch hierzulande, wie die Präsenz eines „Big Players“ die Rahmenbedingungen für basisnahe Projekte erschwert.
Folgende Thema-Seiten, die wir von unserer Partnerorganisation New Internationalist übernommen haben, nehmen Bingos kritisch unter die Lupe.
Kern der Kritik ist, dass Bingos hierarchisch, autoritär und unternehmensähnlich organisiert sind. Sie fühlen sich in erster Linie ihren Spendern und sonstigen Geldgebern verpflichtet. Dabei sollte jede Wohltätigkeit anstreben, sich selbst überflüssig zu machen. Doch Bingos leben vonund wachsen mit den großen Katastrophen. Markenpräsenz geht über alles – wie die Reportage von Mari Marcel Thekaekara auf Seite 43 zeigt. Es hat sich ein regelrechter „Katastrophentourismus“ in die vom Tsunami verwüsteten Gebiete entwickelt. Bingos springen in Umwelt- und Sozialbelangen dauerhaft für Staaten in die Bresche, die in diesen Bereichen versagen. Dadurch unterstützen sie indirekt die herrschenden Doktrinen von Neoliberalismus und Privatisierung.
Wir leben in einer Welt, in der der „Dritte Sektor“, die Zivilgesellschaft, ein unverzichtbares Korrektiv darstellt. Auch wohltätige Bingos werden dringend gebraucht. Doch es geht darum, dass sie ihre Wurzeln als soziale Bewegungen wieder finden.