Hannibal Verlag, Höffen 2006, 392 Seiten, EUR 29,90
Das Buch ist keine „Geschichte der brasilianischen Musik“, wie der Untertitel großspurig verkündet. Vielmehr geht es um „Geschichte und Geschichten der Bossa Nova“ (so auch der tatsächliche Untertitel des brasilianischen Originals), also jener Musikrichtung, die Anfang der 1960er Jahre Brasilien kurzzeitig überschwemmte. Autor Ruy Castro erweist sich dabei als schier unerschöpfliche Fundgrube. Ausgestattet mit einem erstaunlichen Insiderwissen zur Szene und einem profundem Musikwissen führt er die LeserInnen von den Wiegen der „Neuen Sache“ bis zu ihrem internationalen Durchbruch. Dabei dient ihm die chronologische Abfolge nur als grober Raster, auf dem die AkteurInnen erscheinen, in denen sich verschiedenste Einflüsse zur Bossa verdichten. In diesem Sinne beschreibt Castro weniger die äußere Form als vielmehr den Puls der Bossa. Seine immer wieder erfrischend originelle Formulierungsweise steht dabei der Lesbarkeit durchaus nicht im Wege. Als hervorragender Kenner des Genres erweist sich der Autor auch mit der Herausgabe der gleichnamigen CD bei Universal (Various Artists: Bossa Nova; Universal Music). Auf 29 Tracks lässt er die enorme stilistische Bandbreite und musikalische Qualität der Bossa Nova in wenig bekannten Aufnahmen Revue passieren.