Erstmalig in der Geschichte der Europäischen Union gibt es ein Grundsatzdokument, das die gemeinsamen Ziele, Werte und Prinzipien aller 25 Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission im Bereich der Entwicklungspolitik festhält.
Nun wartet der so genannte Europäische Konsens (oder auch Development Policy Statement – DPS), der im November 2005 unter britischer Präsidentschaft angenommen wurde, auf seine Umsetzung.
Nach einiger Lobbyarbeit konnte sichergestellt werden, dass die Armutsbeseitigung (inklusive der Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele) das oberste Ziel der Entwicklungspolitik ist und bleibt. Weiters als positiv zu vermerken ist die Tatsache, dass die Zwischenziele auf dem Weg zum EU-Ziel von 0,7% des Bruttonationalproduktes für die Entwicklungszusammenarbeit, das im Jahr 2015 erreicht werden soll, angeführt sind. Bezugnahmen auf Menschenrechte, Gender, gemeinsame Verantwortung der EU und ihrer PartnerInnen im Süden sowie die wichtige Rolle von Parlamenten und die Partizipation der Zivilgesellschaft als gemeinsames Prinzip finden sich ebenso in dem Dokument. NGOs in der EU werden lediglich in Verbindung mit Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit in Europa genannt, was ihnen erwartungsgemäß zu wenig ist.
Weiters findet sich ein Paragraph zur Kohärenz, der alle anderen Politikbereiche, die sich auf Entwicklungsländer auswirken können, dazu auffordert, die entwicklungspolitischen Ziele zu berücksichtigen. Die Erfahrungen der Vergangenheit machen jedoch skeptisch, ob dieser Absatz in den betreffenden Politiken wie Handel, Außenbeziehungen etc. jemals ausreichend Beachtung finden wird.
Der besonderen Rolle der Kommission als Teil der EU-EZA ist der zweite Teil des „Konsens“ gewidmet. Die Kommission sieht ihre Aufgabe vor allem in der Verbesserung der Koordination der EU-weiten EZA. Die sonstigen aufgelisteten Einsatzbereiche der Kommission (Handel, regionale Integration, Umwelt, Infrastruktur, Transport, Wasser, Energie, ländliche Entwicklung, Nahrungssicherheit, Konfliktprävention, menschliche Entwicklung, Beschäftigung u.v.m.) sind nach Meinung vieler ExpertInnen viel zu weit gefasst, tragen aber dem Wunsch der Kommission nach mehr Flexibilität Rechnung.
Die Österreichische Präsidentschaft muss nun den Prozess der Umsetzung beginnen. Von Kommissionsseite hört man, dass sie im Verständnis ihrer neuen Rolle bereits an einem Papier arbeitet, das eine gemeinsame Programmierung der EZA aller Mitgliedstaaten ermöglichen soll.
Die Autorin ist Mitarbeiterin der Südwind Agentur und Koordinatorin der Österreichischen EU-Plattform (derzeit in Karenz).