Die Katastrophe in Burma ist ein extremes Beispiel dafür, in welche Zwickmühle sich Nichtregierungsorganisationen (NGOs) begeben, die in katastrophal regierten Ländern Hilfe leisten.
Mit der Katastrophe in Burma wird gerade ein Problem deutlich, das sonst oft im Hintergrund bleibt: Die verzwickte Situation von Nichtregierungsorganisationen, wenn sie in Ländern mit autoritären, korrupten oder ausbeuterischen Regierungen arbeiten. Burma ist ein extremes Beispiel, aber es gibt noch genug andere. Auf der einen Seite sind es gerade NGO-MitarbeiterInnen, die durch Aufenthalte in den Ländern, persönliche Kontakte und oft jahrelangen Austausch und Erfahrung am besten darüber informiert sind, was dort wie läuft. Auf der anderen Seite müssen sie, wollen sie ihre Projekte nicht gefährden, vorsichtig damit sein, was sie öffentlich erzählen und was nicht.
Es ist verständlich, dass sich Hilfsorganisationen nicht zu weit aus dem Fenster lehnen mit Kritik. Manchmal wünscht man sich aber schon ein bisserl mehr. Da rühmt sich World Vision in einer der ersten Presseaussendungen nach der Katastrophe in Burma damit, dass sie als eine der wenigen Hilfsorganisationen einreisen dürfe, weil ihr „40 Jahre kontinuierliche Entwicklungshilfe mit Regionalentwicklungsprogrammen das Vertrauen der Regierung eingebracht hat“. Ja, ist es denn eine Auszeichnung, wenn einem die burmesischen Militärs vertrauen? Oder doch eher ein notwendiges Übel, das man als NGO in Kauf nehmen muss, will man die Menschen erreichen, die ja tatsächlich und unbestritten dringend Unterstützung brauchen? Dann soll man es seinen SpenderInnen gegenüber aber auch bitte so benennen.
Mit dem Benennen haben aber auch andere Schwierigkeiten. Ich reagiere zunehmend gereizt darauf, wenn von Ländern – wie jüngst von Burma – medial das Bild transportiert wird, sie gehören zu den ärmsten der Welt. Dies stimmt zwar, aber es wird dabei nicht gleichzeitig die Information mitgeliefert, dass es einigen wenigen in diesen Ländern materiell blendend geht. Die burmesischen Militärs haben es sich und ihren Begünstigten mit Gewalt und Menschenverachtung auf dem Rücken der Bevölkerung so bequem eingerichtet wie Zecken auf ihrem Wirt. Und hat sich dieses Regime über die Jahre nicht als eine genauso große Katastrophe für die BurmesInnen erwiesen wie die Flutwelle jetzt? Natürlich nicht für alle, wie ja auch der Sturm nur einen Teil des Landes verwüstet und die Regierungshauptstadt verschont hat. Warum werden politische Katastrophen nicht mit der gleichen Anteilnahme für die Opfer verfolgt und dargestellt wie ein Erdbeben oder eine Sturmflut? Wo doch das eine das andere, wo sie zusammen treffen, verstärkt?
Humanitäre Hilfe innerhalb offensichtlicher Unrechtsverhältnisse braucht gleichzeitig politischen und medialen Druck und Solidarität, an diesen hinderlichen Rahmenbedingungen etwas zu verändern. Der muss von dort kommen, wo er hingehört – von den politisch Verantwortlichen jener Länder, die Hilfe leisten. Und von Medien, die es sich leisten und erlauben können, genauer hinzuschauen.