Eine Initiative, mit Musik ein neues Publikum für entwicklungspolitische Ziele zu gewinnen, erweist sich als sehr erfolgreich – und nachhaltig.
Auch wenn uns die Medien mit Erfolgsmeldungen zu Bio-Lebensmitteln und Fair Trade-Produkten füttern – der Weg zu einer entsprechenden Esskultur ist noch weit. Zwei Euro für Fair Trade-Produkte und 40 Euro für Bio-Lebensmittel gibt ein/e ÖsterreicherIn pro Jahr für „bio & faires Essen“ aus. Wir stehen am Beginn eines langen Weges. Und wenn „bio & fair“ mehr als nur die Schminke zum Verdecken der zerstörerischen Auswirkungen des agroindustriellen Weltsystems sein soll, bedarf es noch vielfältiger Anstrengungen. Eine dieser Anstrengungen sind Konzerte, bei denen zu 100 Prozent Lebensmittel aus biologischer Landwirtschaft und aus gerechtem Welthandel angeboten werden.
Die „about climate change – bio & fair“ Konzerte zeigen auf genussvolle Weise die Möglichkeiten zur Umsetzung nachhaltigen Lebensstils auf. Bei den Konzerten soll ein Höchstmaß an umwelt- und entwicklungspolitischer Botschaft beim Publikum ankommen. Daher ist natürlich die Qualität und Identifikation der Künstlerin, des Künstlers mit dem „bio & fair“-Gedanken von Vorteil.
Sponsorenverträge mit Konzernen machen KünstlerInnen zu Dienern der Interessen von Marken wie Coca Cola & Co. Stars wie Christl Stürmer, die Sponsorverträge mit McDonalds abgeschlossen haben, kommen daher für die „bio & fair“-Konzerte nicht in Frage, da sie dadurch für menschenrechtlich bedenkliche Konzerne positive Image-Werbung leisten würden. Aber nicht nur die Stars sind über Verträge gebunden, auch die meisten Veranstaltungsorte haben Verträge mit bestimmten Marken, wie z.B. Coca Cola.
Nur in Ausnahmenfällen sind „bio & fair“-Konzerte Benefizkonzerte. Die KünstlerInnen erhalten ganz normal ihre Gage. Die Erfahrung der letzten fünf Jahre hat gezeigt, dass viele engagierte MusikerInnen gerne mittun. Meist weisen sie von selbst während des Konzertes darauf hin, dass ein Wandel der Esskultur dem Klimaschutz, der Einhaltung der Menschenrechte, der artgerechten Tierhaltung und natürlich unserer Gesundheit dient. Und es kommt auch immer wieder zu „nachhaltigen“ Initialzündungen.
Der Fürstenfelder Weltladen zum Beispiel ist ein indirektes Ergebnis eines Konzertes der norwegischen Sängerin Rebekka Bakken. Sie hatte durch ihre Appelle die AktivistInnen vor Ort motiviert, der Absicht Taten folgen zu lassen. Ein halbes Jahr später wurde der Weltladen in Fürstenfeld eröffnet. Für die Rebekka Bakken-Tournee 2004 wurde extra ein CD-Booklet angefertigt, in welchem die Zusammenhänge zwischen Klimaschutz, Biolandbau und Fairem Handel erläutert werden.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass viele MusikerInnen über ein hohes entwicklungspolitisches Fachwissen verfügen. Der Top-Bassist Dieter Ilg, nebenbei ein passionierter Koch, hat seiner neuen CD „Due“ mit Charlie Mariano exklusiv eine Fair Trade Zotter-Schokolade im selben Design beigelegt.
Als sehr erfolgreich hat sich auch die Kombination von Bio-Festen mit anspruchsvoller Musik erwiesen. Mit Bands wie Beefolk, Aniada a Noar, deishovida & big 5, Querschläger u.a. schmeckt „bio & fair“ einfach besser. Aber auch traditionelle regionale Musiktradition in Kombination mit „one world“ hat immer eine positive Wirkung. Die gemeinsame Improvisation von Nohon & Friends, ObertonsängerInnen aus dem mongolischen Altaigebirge, mit dem Chor vom Weissensee ist heute noch Vielen in bester Erinnerung.
Noch weiter geht „vom junk-food zu bio & fair cooking“. Dabei kochen Jugendliche unter Anleitung von professionellen KöchInnen einfache Gerichte aus hochwertige Bio-Lebensmitteln, kombiniert mit Fair Trade-Produkten. Zuerst kochen, dann rocken – am besten mit Martin Koller. Die Auftritte des Star-Gitarristen haben bereits Tradition.
Die Kombination von Spitzenmusikern und 100% „bio & fair“ hat inzwischen eine regelrechte Eigendynamik bekommen. So produzierten Armin Koch und Tobias Zotter eine Live DVD eines Konzertes von „drum god“ Jojo Mayer (vgl. Foto). Tobias Zotter wurde heuer zum „young creative 2005“ gewählt.
Für manchen Theoretiker mögen „bio & fair“-Konzerte oberflächlich erscheinen. Doch kombiniert mit Vorträgen, Infoständen, Kochkursen, „oneworld“-Klimaquiz – um nur ein paar Beispiele zu erwähnen – kommt es auch zu einer intellektuellen Auseinandersetzung mit globalen Themen. Musik und die praktizierte Esskultur sorgen für eine positive emotionelle Grundstimmung. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um im Alltag das Ziel einer global gerechteren Welt nicht aus den Augen zu verlieren.
Christian Salmhofer ist Geograph und arbeitet seit mehr als 20 Jahren für verschiedene NGOs (ai, FOE, SOL, etc.) Gegenwärtig ist er für das Bündnis für Eine Welt tätig und koordiniert die Klimabündnis- Aktivitäten in Kärnten.