„Keine endgültige Lösung!“

Von Redaktion · · 2011/06

Das Studium der Internationalen Entwicklung (IE) an der Universität Wien ist im deutschsprachigen Raum einmalig. Trotzdem sperrt sich das Rektorat der Universität Wien gegen das geplante Masterstudium. Michaela Krimmer sprach mit IE-Institutsvorstand Petra Dannecker.

Südwind Magazin: Wird es das Masterstudium Internationale Entwicklung wie geplant ab Oktober geben oder nicht?
Petra Dannecker:
Wir hatten bisher ein individuelles Diplomstudium, bei dem sich Studierende aus verschiedenen Fakultäten ihr Studium zusammensuchten. Wir diskutieren seit zwei Jahren über einen Master und haben dem Rektorat einen Masterstudienplan vorgelegt, den wir gerne ab Oktober umsetzen wollen. Wir haben bis jetzt keine endgültige Absage bekommen, aber es fehlt auch eine Zusage.

Was wurde am vorgelegten Studienplan kritisiert?
Bei den Verhandlungen standen zuerst die Finanzen im Mittelpunkt, dann ging es plötzlich um die Qualität unseres Studiengangs. Die Kritik wurde nie konkretisiert. Wir haben den Studienplan sehr offen gehalten. Dabei haben wir auf Erfahrungen innerhalb des europäischen Bolognaprozesses aufgebaut, die zeigen, dass eine konkrete Festlegung der Studieninhalte das Studium und dessen Planung sehr unflexibel macht, dies wollte die Arbeitsgruppe vermeiden. Das wird aber indirekt jetzt kritisiert und führt zur etwas seltsamen Situation, dass wir ein Bachelor- und ein Doktoratsstudium haben, aber keinen Master. Für die Forschung und Nachwuchsförderung ist ein Master aber unumgänglich. Es gibt kaum ein Studium wie die IE im deutschsprachigen Raum, als Bachelor schon gar nicht, als Master nur selten. Deswegen ist es ja so attraktiv. Wir haben eine immens steigende Studierendenzahl. Niemand hat mit dieser Entwicklung gerechnet.

Eine so große Beliebtheit eines Studiums sollte doch erfreulich sein.
Die Attraktivität der IE ist für uns erfreulich, für die Universität Wien aber ein Problem. Es ist eine Herausforderung, sich strukturell und finanziell darauf einzustellen. Noch dazu, wenn 2013 den Universitäten Kürzungen ins Haus stehen. Diese Unvorhersehbarkeit verhindert auch Planungssicherheit – was meiner Meinung nach auch auf die Bildungspolitik in Österreich zurückzuführen ist. Aufgrund des freien Hochschulzugangs gibt es kaum eine Möglichkeit einzuschätzen, wie viele Studierende kommen werden. In Deutschland stehen zudem die doppelten Maturajahrgänge vor der Tür (Anm. d. Red.: die durch die Verkürzung der Gymnasialzeit von neun auf acht Jahre zustande kommen). Die Stärke der IE ist ihre Interdisziplinarität mit einer internationalen Perspektive. Das ist, was wir zukünftig brauchen werden, nicht die disziplinäre Abgeschottetheit. Das macht den Studiengang über die Grenzen hinweg zusätzlich attraktiv. Die steigende Studierendenzahl ist natürlich ein Kostenfaktor. Darauf wurde letztes Jahr vonseiten des Rektorats reagiert, wir haben durch die Einrichtung des Instituts Ressourcen erhalten, wir haben neue Professuren, ein Büro mit einer guten Infrastruktur und zusätzliche Stellen. Aber dies entspricht bei Weitem nicht den Studienzahlen und schon gar nicht den steigenden Studierendenzahlen.

Sind der Universität Wien nicht die Hände gebunden, wenn die Finanzen immer knapper werden?
Ich habe für die Universität Wien durchaus Verständnis. Ich habe generell ein Problem mit der Bildungspolitik. Es gehört eindeutig auf anderer Ebene etwas geändert, denn diese Planungsunsicherheit betrifft andere Studiengänge und Universitäten genauso. Hier fehlt stärkerer politischer Druck.

Was können Studierende nun tun ab Oktober?
Das Rektorat der Universität spricht von einem vorläufigen individuellen Masterstudium. Mit dieser Lösung sind wir nicht glücklich. Das kann nur eine Zwischenlösung sein. Inwieweit der individuelle Masterstudiengang nur für Studierende mit einem IE-Bachelor zugänglich sein wird, ist noch nicht klar. Wir können uns mit dieser Lösung nur bedingt anfreunden. Das Problem ist, dass das alles sehr kurzfristig ist. Wir sind jetzt im Mai und da sollten die Studienpläne mindestens angedacht und konzipiert sein, auch für die noch 1.300 Diplomstudierenden. Uns ist wichtig, dass der Studienplan, den wir ausgearbeitet haben, 2012/13 kommt. Als der Bachelor eingeführt wurde, riet die Studienpräses vielen Diplomstudierenden, in den Bachelor zu wechseln, um dann den Master zu machen. Da gibt es natürlich jetzt eine Verpflichtung der Universität Wien.

Hatten Sie Rückenstärkung in Ihren Bemühungen?
Wir haben sehr viel positive Resonanz bekommen. NGOs und andere politische Akteure haben in Briefen ihr Unverständnis geäußert. Das hat sicher etwas bewirkt: Das Rektorat schickt regelmäßig Pressemeldungen aus, das öffentliche Interesse an der IE ist da. Das hat sicher die Verhandlungen positiv beeinflusst. Gerade in einer Zeit, in der der entwicklungspolitische Bereich ein ähnliches Schicksal erleidet, ist die Vernetzung und das sich gegenseitige Unterstützen sehr wichtig.

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