In Argentinien fällt einem rasch auf, dass Taxifahrer vor Kirchen ein Kreuz schlagen. Das beruhigt ungemein, denn ob der rasanten Fahrweise und einer undurchschaubaren Bremsstrategie würde man selbst gerne zu beten beginnen. Im argentinischen Himmel versammeln sich viele Schutzpatrone, die man um eine unfallfreie Fahrt bitten könnte. Neben St. Christophorus wird „Gauchito Gil“ wohl am häufigsten bemüht. Der Gaucho, der um 1840 gelebt haben soll, ist der beliebteste Volksheilige der Argentinier.
Auch für viele andere Anliegen kann man himmlischen Beistand suchen: Sollen Probleme schnell gelöst werden, wird San Expedito angerufen, sollen für unmöglich gehaltene Projekte umgesetzt werden, hilft Santa Rita. Arbeitslosen wird von San Cayetano geholfen und wenn man einfach nur ein Wunder nötig hat, pilgert man am besten zur Gedenkstätte von Difunta Correa, einer marienähnlichen, von der Kirche nicht anerkannten Schutzpatronin. Dem Glauben beigemischt werden die Naturgottheiten der indigenen Bevölkerung. Der Mutter Erde (Pachamama) wird in einem eigenen Ritual gehuldigt. Und hilft in einem Krankheitsfall oder bei Liebeskummer keiner der Angeflehten, so geht man zur im Viertel bekannten Heilerin, die mit ihren Zauberkünsten ihre Wunder tun wird.
Neben dem Glauben wird auch der Aberglaube groß geschrieben. In „Klopf-auf-Holz“-Situationen sollten sich Damen deshalb mit der Hand an die linke Brust fassen – die Herren dementsprechend an eine Stelle weiter unten gelegen –, und an Dienstagen, die auf einen 13. fallen, sollte man auf keinen Fall verreisen, dann kann auch kein Gauchito Gil mehr helfen!
Yvonne A. Kienesberger
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