Aus dem Spanischen von Christian Hansen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 2004, 109 Seiten, EUR 10,80
„Mehr kann man nicht tun, das wirst du verstehen“, sagt die Tante und liefert William Figueras in ein heruntergekommenes Asyl für Menschen am Rande der Gesellschaft ein. Dieser war einmal begeisterter Anhänger der kubanischen Revolution, ist dann aber in späteren Jahren aus Enttäuschung geflohen und in Miami gelandet, dem Ort mit den meisten Exilkubanern. Jetzt ist er psychisch krank, weil er immer wieder von Stimmen verfolgt wird.
Doch das Leben im Heim ist schrecklich und unerträglich: Der Besitzer bereichert sich an den Sozialhilfebeiträgen und die Bewohnerinnen und Bewohner müssen im Dreck und bei schlechter Ernährung dahinvegetieren. William Figueras sieht die Zusammenhänge und entflieht dem Elend mit der Lektüre von englischen Gedichten. In seinem Koffer befinden sich über 40 weitere literarische Werke. Nach einigen Wochen unternimmt er einen Fluchtversuch mit Francis, einer Heimbewohnerin, in die er sich verliebt hat. Doch die Flucht misslingt. Stimmt es, dass er, der vielfache Exilant, nirgendwo besser aufgehoben ist als hier?
Guillermo Rosales erzählt die Geschichte in einer dichten, kraftvollen Sprache mit Humor und bitterböser Ironie. Bei der Lektüre des Nachworts erfährt man, dass es Rosales eigene Geschichte ist. Boarding Home ist das einzige Buch, das der Autor zu Lebzeiten veröffentlicht hat. So trostlos das nun endlich auf Deutsch vorliegende kleine Buch ist, so trostlos ist auch das Leben von Guillermo Rosales gewesen. Der 1946 Geborene setzte 1993 seinem Leben in einer leeren Wohnung in Miami ein Ende.