Gedichte spanisch/deutsch
Übersetzt von Angelica Ammar und Dagmar Ploetz. Hammer Verlag, Wuppertal 2003, 171 Seiten, EUR 14,90
Die Autorin braucht, zumindest in dieser Zeitschrift, wohl nicht mehr vorgestellt zu werden: Die Nicaraguanerin Gioconda Belli ist die meist gelesene und meist übersetzte Autorin der zeitgenössischen lateinamerikanischen Literatur.
1970 tritt die 22-jährige Tochter aus gutem Haus in die Sandinistische Befreiungsfront FSLN ein – und zur selben Zeit beginnt sie auch, Gedichte zu schreiben. Sie werden sofort in der literarischen Beilage der Tageszeitung „La Prensa“ veröffentlicht – und rufen in der Oberschicht der Hauptstadt einen Skandal hervor. „Vaginalphilosophie“ und Schamlose Pornographie“ urteilen die Damen der Gesellschaft, während die Männer die junge attraktive Autorin künftig mit lasziven Blicken verfolgen.
Nach ihrem letzten Gedichtband „Feuerwerk in meinem Hafen“ legt Gioconda Belli in ihrem neuesten Buch neuerlich Zeugnis ihrer poetischen Kraft ab und präsentiert sich als reife Frau, die auf ein reichhaltiges Leben zurückblickt. Ihre Gedichte spiegeln aber auch die Empfindungen ihrer weiblichen Gegenwart wider: Lust und Schmerz, verbunden mit Rebellion und der Gier nach Leben.
Es ist viel von Abschieden die Rede in diesem Gedichtband, und dennoch bleiben Freude und Lust am Leben deutlich spürbar. „Die Zeit verwandelt die Überraschungen der Liebe in Weisheit“, beginnt das Gedicht „Stabilität“ (Seite 75), um später fortzufahren: „Lass dich nicht verführen von meinem Sirenengesang, der Zeiten flüchtigen Glücks beschwört.“ Sie können sich aber ruhig verführen lassen von diesen sprachlich und inhaltlich schönen, reifen Gedichten – und werden es nicht bereuen.