Die Millenniums-Entwicklungsziele schreien nach Unbescheidenheit – in mehrfacher Hinsicht.
Wir sind die erste Generation, die die Armut beseitigen kann“, tönt die Millenniums-Kampagne der Vereinten Nationen. Sie erinnert daran, dass die internationale Staatengemeinschaft sich verpflichtet hat, den Anteil der Menschen, die in absoluter Armut leben, bis zum Jahr 2015 zu halbieren. Geschehen im Rahmen der Millenniums-Deklaration der UNO-Vollversammlung im Jahr 2000.
Acht konkrete Ziele (Millennium Development Goals, MDGs) hat sich die Welt bis 2015 gesetzt: die Beseitigung der extremen Armut und des Hungers; Grundschulausbildung für alle Kinder gewährleisten; Gleichstellung und größeren Einfluss der Frauen fördern; Kindersterblichkeit senken; die Gesundheit der Mütter verbessern; HIV/Aids, Malaria und andere Krankheiten bekämpfen; eine nachhaltige Umwelt gewährleisten; und als achtes Ziel: eine globale Partnerschaft im Dienste der Entwicklung schaffen.
Ziel acht, die Entwicklungspartnerschaft, richtet sich vor allem an die Industrieländer und beinhaltet neben der Schaffung von weltweit gerechteren Rahmenbedingungen vor allem eine erhebliche Aufstockung der Budgets für Entwicklungszusammenarbeit (EZA).
Bedauerlicherweise besonders bescheiden bezüglich Ziel acht erweist sich Österreich. Selbst wenn Österreich mit Hängen und Würgen das EU-Ziel, bis zum Jahr 2006 0,33 Prozent des Bruttonationaleinkommens für EZA aufzuwenden, erreicht (zum Beispiel, indem 0,3251Prozent auf 0,33 Prozent aufgerundet werden): Österreich wird im EU-Vergleich ganz hinten rangieren.
Österreich, nach dem Eurostat-Ranking das viertreichste Land der EU, lag im Jahr 2003 mit 0,2 Prozent in der Skala der EZA-Leistungen an vorletzter Stelle. Ein Finanzplan, wie die längerfristig von der EU angestrebten und im Rahmen der OECD bereits vor über 30 Jahren versprochenen 0,7% erreicht werden können, existiert in Österreich nicht. Nur schlechte Projektmanager legen keinen Plan vor, wie sie ein erklärtes Ziel zu erreichen gedenken.
Zum Vergleich: Vier EU-Länder haben die 0,7 Prozent bereits erreicht, fünf weitere haben Stufenpläne dorthin vorgelegt.
So viele (nicht erreichte) internationale Ziele gibt es, so viele gebrochene Versprechen, könnte man resignierend feststellen. Doch keine falsche Bescheidenheit bitte, was den Glauben an die Wirksamkeit der MDGs angeht.
Die MDGs sind ein großer Schritt in Richtung einer gerechteren Welt. Das Wissen und die Ressourcen zu ihrer Erreichung sind vorhanden. Noch nie gab es ein derart umfassendes Bekenntnis von armen und reichen Staaten zu Entwicklung mit begleitender Kontrolle. Und wohlgemerkt: die MDGs wurden auf höchster Ebene vereinbart, von den Regierungschefs selbst, nicht von EntwicklungsministerInnen, die dann von ihren Finanzressorts zurückgepfiffen werden. Die gesamte Regierung steht für ihre Erreichung ein.
In Österreich fangen Nichtregierungsorganisationen gerade damit an, die Öffentlichkeit für die MDGs zu sensibilisieren. Damit niemand die Großzügigkeit der Regierung überschätzt. Und damit sie permanent an ihre internationalen Verpflichtungen erinnert wird und daran, dass es um Ziele geht, deren Nichterreichung ein Misserfolg ist, ein Zeichen von politischer Schwäche.
Wenn Sie das erste oder nächste Mal von den Millenniums-Entwicklungszielen hören, hören sie hin: die MDGs sind eine historische Chance. Und schlechtes Regieren wäre es, diese zu vertun.