Mit dem klaren, sauberen Lebenselixier, das Maynilad Waters in der Werbung anpreist, hat die Flüssigkeit wenig gemein. Trüb fließt sie aus der Pumpe in den Eimer. Kaum halbvoll, lässt sich der Boden nur noch erahnen.
Trinkwasser soll das sein. Dafür zahlen die 20.000 BürgerInnen im Stadtteil Longos in der philippinischen Hauptstadt monatliche Gebühren an das private Versorgungsunternehmen. Doch die Brühe riecht, als käme sie aus der Kläranlage. „Viel hygienischer ist sie auch nicht“, sagt Lydia Ela, auf deren Grund die Pumpe steht.
16 Kolibakterien pro 100 Milliliter hat das Natural Sciences Research Institute der Universität Manila gezählt. Das übersteigt den nationalen Grenzwert um das Vierzehnfache. Im November 2003 brach in Longos die Cholera aus, einige hundert Familien erkrankten, zehn Menschen mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Der Choleraausbruch ist nur einer von zahlreichen Vorfällen, warum die Menschen in Manila auf die beiden privaten Wasserversorgungsunternehmen Maynilad und Manila Waters wütend sind (siehe Kasten). Beide hatten 1997 die Konzessionen für die Wasserversorgung in der Metropole Manila erhalten, nachdem sie Milliardeninvestitionen in die maroden Leitungen, eine lückenlose Versorgung der zwölf Millionen EinwohnerInnen und stabile Preise über einen Zeitraum von zehn Jahren versprochen hatten.
„Nichts davon wurde eingehalten“, ärgert sich Lydia Ela, regionale Präsidentin der Zone One Tondo Organization (ZOTO) im Stadtteil Longos, einem Bündnis aus 51 Selbsthilfe-Organisationen mit 11.000 Mitgliedern. ZOTO informiert die BürgerInnen über ihre Rechte, macht Lobbyarbeit und kämpft inzwischen auch für eine bessere Wasserversorgung und ein Zurück zur staatlichen Wasserversorgung. Allerdings hatte es die staatliche Wassergesellschaft MWSS an Effizienz immer fehlen lassen und einen riesigen Schuldenberg angehäuft, ohne die BewohnerInnen der Metropole mit ausreichend Wasser zu versorgen.
Die privaten Gesellschaften machen es nicht besser, kritisiert Ela. Ihr eigener Anschluss kostet sie 300 Pesos im Monat, rund 4,5 Euro, für die ihr Ehemann eineinhalb Tage arbeiten muss.
Trinken aber will das Wasser keiner in der Familie. Das Trinkwasser kauft die NGO-Aktivistin zur Sicherheit in abgefüllten Plastikflaschen im Laden um die Ecke. Für eine Gallone muss sie zwischen acht und neun Peso bezahlen, bei drei Gallonen pro Tag gibt sie also mehr als zehn Prozent des Einkommens für ihr Wasser aus.
Die Wasserrohre verlaufen im Viertel häufig oberirdisch, entsprechend anfällig sind sie. Überall tropft und plätschert es aus maroden und gebrochenen Leitungen. Jede Öffnung ist ein potenzieller Eingang für Fäkalien und Bakterien. Aufgrund mangelnder Investitionen haben die Leckverluste sogar noch zugenommen, trotz der vollmundigen Versprechungen der privaten Versorger. 1997 hatten sie auch zugesichert, „zehn Jahre lang die Preise nicht zu erhöhen“, weiß Ela. Sieben Jahre und fast ein dutzend Preiserhöhungen später kostet das Wasser jedoch drei Mal so viel wie vor der Privatisierung. Weshalb Lydia Ela manchmal ein wenig sehnsüchtig an den nordöstlichen Rand von Manila blickt.
In den vielen kleinen Gemeinden haben BewohnerInnen ihre Wasserversorgung selbst organisiert. Zum Beispiel in der schon 1968 gegründeten Wasserkooperative von Darangan, einer von 15 Genossenschaften im Nordosten. Ihr Direktor Conrado Ramos gibt sich deshalb auch selbstbewusst: „Mit unserem Preis sind wir konkurrenzlos billig, unsere Kunden schätzen unser Service, und an den Gewinnen sind sie als Mitglieder auch noch beteiligt.“
Trotzdem hat die Regierung auch in diesem Gebiet Manila Waters eine Konzession eingeräumt. Welche Auswirkungen das für die Kooperative mit ihren 1.500 Mitgliedern hat, ist noch ungewiss. „Wenn Manila Waters hier übernimmt, steigen die Kosten“, fürchtet Fernando Ortiz, ein Mitglied der Kooperative. Er hofft, „dass die Kooperative sich rechtlich behaupten kann“. Heute bezahlt der Familienvater der Kooperative 75 Pesos für die ersten zehn Kubikmeter Wasser, danach steigt der Preis auf 20 Pesos oder 0,3 Euro pro jedem weiteren verbrauchten Kubikmeter an. Lydia Ela bezahlt vier Mal so viel.
Allerdings muss Fernando Ortiz dafür einige Nachteile in Kauf nehmen. Als Mitglied zahlte er einen Aufnahmebeitrag von 850 Peso und jährliche Beiträge. Außerdem liefert die Genossenschaft aufgrund ihrer knappen Kapazitäten nur sechs Stunden am Tag Wasser. Die einen erhalten von sechs Uhr morgens bis zwölf Uhr Wasser, die anderen von zwölf bis 18 Uhr.
Funktioniert die Stromversorgung, ist das kein Problem: „Wir pumpen das Wasser in einen Tank auf unserem Dach und sind damit autonom“, sagt der 50-Jährige. Allerdings bricht die Stromversorgung – auch sie wurde privatisiert – immer wieder zusammen. Deshalb will nicht nur Ortiz eine Verdrängung seiner Kooperative durch Manila Waters verhindern. Einen kleinen Teilerfolg haben die 15 Kooperativen inzwischen erreicht. Durch ein gemeinsames Memorandum haben die Kooperativen Manila Waters das Versprechen abgerungen, dass sie sich aus den Gebieten der Kooperativen heraushalten werden.
Ein Entschluss, den Jude H. Esguerra vom „Institute for Popular Democracy“(IPS) begrüßt. Für ihn sind die Kooperativen eine „Alternative zu den privaten und öffentlichen Versorgern“. Das gelte zumindest für die ländlichen Vorstadtregionen, die mit ihren überschaubaren Strukturen und geringeren Investitionssummen von Selbsthilfegruppen basisdemokratisch organisiert werden können.
In der Metropole selbst hingegen scheint eine kooperative Organisationsform kaum verwirklichbar, weiß Esguerra. Das ändert jedoch nichts an seiner vernichtenden Einschätzung des Wirkens von Maynilad und Manila Waters. Darin weiß er sich mit der „Freedom of Debt Coalition“, einem Bündnis vieler Hilfsorganisationen, einig, die erst jüngst ein vernichtendes Urteil fällte: „Das Experiment, für jeden ausreichend bezahlbares und sauberes Wasser mit Hilfe privater Wasserversorger zur Verfügung zu stellen, ist fehlgeschlagen“, sagt Generalsekretärin Lidy Nacpil.
Beide Organisationen fordern deshalb, die Versorgung wieder in die öffentliche Hand zu überführen. Allerdings nur mit neuen, transparenten Strukturen, die sicherstellen, dass niemand mehr die Wasserversorgung zu seinem Geschäft machen kann. Schließlich ist, so Lydia Eda, „Wasser keine Ware, sondern ein Menschenrecht“.