Ein erfolgreicher Perspektivwandel führt zu nachhaltiger Entwicklung im Waldviertel.
In jenen Regionen, die Auswanderung, Überalterung und Schrumpfung zu beklagen haben, herrscht ein oft nur kurzfristiges Denken vor, es sei denn ein Perspektivwandel wird vollzogen. Ausgangspunkt ist die Wertschätzung der Potenziale der lokalen Gesellschaft und ihrer Ökosysteme.
Im österreichischen Waldviertel begannen MitarbeiterInnen der kirchlichen Jugendarbeit Ende der 1970er Jahre Gemeinwesenarbeit aufzubauen. Die katholische Landjugend führte nach dem Bewusstseinsbildungskonzept des brasilianischen Pädagogen Paulo Freire eine aktivierende Befragung in verschiedenen Dörfern mit erstaunlichen Ergebnissen durch, die Ansatzpunkte zur Veränderung lieferten. Entsprechende Aktionen zur Verbesserung wurden sodann unternommen und die weitergehende Umsetzung wurde im Rahmen einer Arbeit mit Jugendgruppen begleitet. Die im Zuge der Auswertung von Befragungen vorgenommene Analyse der Ursachen gab Aufschluss über entwicklungshemmende Faktoren. Es war festzustellen, dass man trotz Förderung nach den gängigen Zielen mit Mitteln von Intensivierung, Rationalisierung und Produktionssteigerung nicht den Wettbewerb mit den Ballungsräumen und Gunstlagen aufnehmen konnte. Daher war eine Umkehrung der Perspektive notwendig.
Man überließ die Interessenvertretung nicht mehr nur den besser gestellten Bauern in den Gunstlagen, sondern förderte Solidarisierung, Kommunikation und Konfliktbewältigung untereinander. Bildungsangebote wurden geschaffen. Die Ursachen für Missstände konnten nun in größeren Zusammenhängen erkannt werden.
Eine Reihe von Aktionen der Direktvermarktung, der Erzeuger-Verbraucher-Zusammenschlüsse entwickelte sich, unterstützt durch die „Österreichische Arbeitsgemeinschaft für eigenständige Regionalentwicklung“. Dieses Pilotprojekt der Regionalbetreuung wird durch einen öffentlichen Fonds von 1981-1983 in einem Modellversuch gefördert. 1983 wird die „Waldviertler Bildungs- und Wirtschaftsinitiative“ (BWI) gegründet, die eine Regionalzeitung herausgibt und Projektbesuche sowie (Gründungs-)Beratung durchführt.
Eine sehr erfolgreiche eigenständige nachhaltige Regionalentwicklung wurde nach 25 Jahren Arbeit erreicht. Bestimmend war die Kombination von Bewusstseinsbildungsarbeit und eigenständiger selbst verwalteter Arbeit mit Impulsen und Einbeziehung von ExpertInnen von außen sowie die regionale und überregionale Organisationsform und bewusste Aus- und Weiterbildung unter Einbeziehung einer breiten Öffentlichkeitsarbeit.