Man kann den Vorwurf erheben, die Beiträge zu diesem Schwerpunkt über Biokraftstoffe vermittelten ein einseitiges, zu negatives Bild: Die Risiken einer Ausweitung der Produktion würden überbetont, ihre Potenziale etwa für die Energieversorgung und die ländliche Entwicklung in armen Ländern nicht gebührend berücksichtigt. Diese Gewichtung erfolgte jedoch bewusst. Denn auf offizieller Ebene – und damit ist die Summe der Maßnahmen von Regierungen in Nord und Süd gemeint – spielen diese Risiken offensichtlich nur eine geringe Rolle.
Dies gilt insbesondere in Zusammenhang mit dem positiven Effekt auf das Weltklima, der Biokraftstoffen zugeschrieben wird. Ob man, wie Hermann Klosius in seinem Beitrag über die enormen Treibhausgasemissionen in Zusammenhang mit der Palmölproduktion in Indonesien, diesbezüglich bereits heute zu einem vernichtenden Urteil kommt oder nicht: Der Prozess hat weltweit eine Eigendynamik angenommen, die in ihrem destruktiven Potenzial an Goethes Gedicht vom Zauberlehrling erinnert. Die Geister sind gerufen; wie sie daran gehindert werden können, mehr Schaden als Nutzen anzurichten, weiß heute niemand.
Die Variable „Klimaeffekt“ ist nicht die einzige Unbekannte. Wird Zellulose-Technologie überhaupt wirtschaftlich? Gibt es genug Land und Wasser, um die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung sicherzustellen, selbst ohne Biokraftstoffe? Können die Flächenerträge weltweit bis 2030 um 80% gesteigert werden, wie es die FAO für nötig hält? Oder werden unvorhersehbare Folgen des Klimawandels die ganze Rechnung über den Haufen werfen?
Die Konkurrenz zwischen einer Landnutzung für Bioenergie und für Nahrungsmittel sei „wahrscheinlich übertrieben“, meinen FAO-ExpertInnen auf Basis von Computermodellen, um dann das „große Potenzial zur Milderung des Klimawandels“ in die Waagschale zu werfen. Doch dieses Potenzial kann gleich Null sein, wenn nicht sogar das Gegenteil der Fall ist. Von einer „wissensbasierten Entscheidungsfindung“ sind wir weit entfernt. Das ist das Problem.