Der Rest für die Welt

Von Robert Poth · · 2002/07

Im Welthandel mit Reis bewegt sich trotz Liberalisierung des Landwirtschaftshandels bisher wenig. Und so könnte es vorläufig auch bleiben.

Wer nach einem Weltmarkt für Reis sucht, sucht vergebens: Nur rund sechs Prozent der Weltproduktion (verarbeiteter Reis) werden zwischen weitgehend voneinander abgeschotteten nationalen Märkten gehandelt. Eine kleine Zahl asiatischer Länder und die USA stellen den Großteil der Exporte, während sich die Importe auf eine größere Ländergruppe verteilen (siehe Grafiken). Selbst dieser kleine „Restmarkt“ ist nach Art und Qualität segmentiert – grob können langkörnige Indica-, rundkörnige Japonica- sowie Duftreissorten wie Basmati unterschieden werden. Nach US-Schätzungen sind etwa zehn Prozent der Weltexporte Duftreis, 75 Prozent Indica und zwölf Prozent Japonica.
Abgesehen von Duftreis, der rund dreimal teurer als Indica ist, werden die Reisexporte meist mit Subventionen aller Art gestützt oder als Nahrungsmittelhilfe (Japan) abgesetzt. Die Weltmarktpreise befinden sich auf einem historischen Tief (etwa ein Drittel des Niveaus der siebziger Jahre) und die Lagerung von Überschüssen ist teuer. Allerdings kann es etwa durch wetterbedingte Ernteausfälle zu kurzfristigen Preis- und Mengenausschlägen kommen.

An diesen traditionellen Gegebenheiten hat sich trotz Liberalisierung durch strukturelle Anpassungsprogramme und das Übereinkommen über Landwirtschaft (AoA) der WTO (seit 1995 in Kraft) nur wenig geändert. Die meisten Entwicklungsländer dürfen hohe Zölle aufrechterhalten oder bei Bedarf wiedereinführen (z.B. Indien: rund 1,5 US-Dollar/kg oder etwa 700 Prozent des Weltmarktpreises). Die reichen Länder haben sich zwar zur Eröffnung von Einfuhrkontingenten verpflichtet, die bis 2004/5 acht Prozent des internen Verbrauchs der Basisjahre 1986-88 erreichen müssen. Da dies in den USA und in der EU bereits gegeben ist, betrifft die Öffnung im wesentlichen nur die Japonica-Märkte von Japan und Südkorea. Höhere Mengen könnten durch den WTO-Beitritt Chinas in Bewegung kommen: China muss ab 2002 ein Zollkontingent von 2,6 Mio. Tonnen Reis eröffnen (zur Hälfte Indica und Japonica), das bis 2004 auf 5,3 Mio. Tonnen erweitert wird. Ob es tatsächlich zu solchen Einfuhren kommt, ist aber fraglich. Die International Rice Commission (IRC), der 60 reisproduzierende Länder angehören, geht davon aus, dass das Welthandelsvolumen bis 2010 nur um 20 Prozent zunimmt.
Eine weitere weltweite Liberalisierung des Reishandels ist derzeit auch nicht in Sicht. Eher das Gegenteil: Bei den Verhandlungen über den Landwirtschaftshandel im Rahmen der WTO ist eine so genannte „Development Box“ im Gespräch, die Entwicklungsländern das Recht geben würde, die kleinbäuerliche Produktion (zumindest von Grundnahrungsmitteln) zu schützen und der Ernährungssicherheit in jedem Fall Vorrang vor Freihandelsprinzipien einzuräumen.
Ungeachtet dessen könnte es indirekte Liberalisierungseffekte geben, etwa durch Anreize für ProduzentInnen, auf rentablere Produkte als Reis umzusteigen, wozu es bisher aber in keinem nennenswerten Umfang gekommen ist. Langfristig könnte der Reishandel jedoch gewaltig in Bewegung kommen, falls die Produktion in Asien hinter den wachsenden Bedarf zurückfallen sollte (letzte Prognose der IRC: plus 38% bis 2030). Um das zu verhindern, müssten die Hektarerträge entsprechend steigen, denn die Anbauflächen in Asien lassen sich praktisch nicht mehr ausweiten.

Mehr als die Handelsliberalisierung ist es dieses Problem, das einer Kommerzialisierung des Reisanbaus im Dienste nationaler und internationaler Agrarhandels- oder Lebensmittelkonzerne am ehesten den Weg zu öffnen scheint (über die – auch gentechnische – Entwicklung von Hochertragssorten und das übliche Paketangebot von Saatgut, Düngemitteln, Pestiziden und Krediten). Erste Kandidaten dafür sind natürlich die hochpreisigen Duftreissorten, die in die reichen Länder exportiert werden – und indische Reishandelsfirmen verfolgen, mit staatlicher Unterstützung, seit einigen Jahren genau dieses Ziel. Gelingt es in Asien nicht, die Erträge zu steigern, bleibt jedenfalls nur eine Wahl zwischen Pest und Cholera: Entweder Import von Reisüberschüssen von anderswo, vielleicht aus kommerzieller Produktion in Lateinamerika, oder Umstellung der Ernährung – etwa von Reis auf Weizen. Der müsste dann wahrscheinlich auch importiert werden.

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