Im Wiener Museum für Völkerkunde wurde ein abenteuerlicher Kunstdiebstahl aufgedeckt.
Alle fünf Jahre wird der Dipankara-Buddha namens Kanakamuni auf einem zwei Meter hohen Gestell mit Prunkgewändern durch die Straßen der nepalesischen Stadt Patan getragen. Wer ihm opfert, tut es dem historischen Buddha gleich und erwirbt sich dadurch religiöse Verdienste.
Vor 400 Jahren hat ein gläubiger Buddhist in Kathmandus Nachbarstadt Patan das Meisterwerk gießen lassen.
Doch derzeit schlummert Kanakamuni in einer mit schwarzem Stoff ausgeschlagenen Kiste in einem der Depot-Räume des Museums für Völkerkunde. Der Buddha-Kopf, der dem Museum von einem bekannten Asiatica-Händler aus Deutschland zum Kauf angeboten worden war, hat sich als Diebsgut herausgestellt: Bereits im Februar war er in Nepal als gestohlen gemeldet worden, verfügte aber dennoch über gültige Ausfuhrpapiere und –plomben. Die Diebe müssen HelferInnen bei den zuständigen Behörden gehabt haben.
Der etwa einen Meter große, mit Edelsteinen reich verzierte Bronzekopf wäre ohne Zweifel das Prunkstück der Südasien-, Südostasien- und Himalaya-Sammlung des Hauses geworden (siehe auch Artikel auf Seite 24). Kurator Christian Schicklgruber: „So etwas wird einem alle 100 Jahre angeboten.“ Das Museum hätte auch die geforderten 220.000 US-Dollar bezahlt.
Schicklgruber wollte alle Zweifel über die Herkunft des Buddha-Kopfes beseitigen und konsultierte einen Experten am Institut für Tibetologie und Buddhismuskunde der Universität Wien. Mittels eines per E-Mail übermittelten Digitalfotos konnte Kanakamuni in Nepal von einem Kunstexperten eindeutig identifziert werden. Nach einer Anzeige bei Interpol beschlagnahmte das Landesgericht Wien den Buddha-Kopf und bestimmte das Museum vorläufig zum Verwahrer.
In Nepal hat mittlerweile eine Gruppe von jungen Teppichknüpfern den Diebstahl gestanden. Ob das Verfahren gegen den deutschen Kunsthändler von den österreichischen oder den deutschen Behörden weitergeführt wird, ist derzeit noch nicht entschieden. Möglicherweise muss der Buddha als Beweisgegenstand nach Deutschland gebracht werden.
Seine Besitzer, die für das Schicksal des Buddha persönlich verantwortlich sind, warten sehnsüchtig auf die Rückführung. Die, so hofft Schicklgruber, in Nepal auf ein derart großes Medieninteresse stößt, dass der Buddha nicht unverzüglich ein zweites Mal verschwindet.