Ende 2010 wurde in Tripoli ein zweiter Aktionsplan für die EU-Afrika-Partnerschaft ausgehandelt. Die EU sicherte ein 50 Milliarden-Euro-Paket zu, um die Partnerschaft in den nächsten drei Jahren zu stärken.
Zuerst die schlechte Nachricht: Nach achtjährigen Verhandlungen über die Handelsbeziehungen zwischen der EU und der Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (AKP-Staaten) sind die Gespräche zu einem Stillstand gekommen. Und das obwohl Handel, regionale Integration und Infrastruktur wahrscheinlich die wichtigsten Punkte der EU-Afrika-Partnerschaft sind. Es gibt zu viele Uneinigkeiten: Die afrikanischen Staaten sind vor allem abgeneigt, die Wirtschaftlichen Partnerschaftsabkommen (EPA) (siehe SWM 7/10) zu unterschreiben, was den Forderungen der Welthandelsorganisation (WTO) gleichkommen würde, ein „Freihandelsregime“ zwischen beiden Kontinenten aufzubauen.
Einer der Zankäpfel zwischen der EU und Afrika ist das Beharren der EU auf dem Abbau der Einfuhrzölle für europäische Waren, die jedoch einen großen Teil der Staatseinnahmen von afrikanischen Ländern generieren. Laut einer Studie, die 2007 am European Centre for Development Policy Management in Maastricht erstellt wurde, würde die Durchführung der EPAs für die Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft (SADC) einen Verlust von 19,4% ihrer Zolleinnahmen und fünf Prozent der Steuereinnahmen bedeuten.
Nun die besseren Nachrichten: Für Frieden und Sicherheit versprach die EU eine Milliarde Euro. Der Großteil davon soll für von Afrika selbst geleitete Friedensmissionen eingesetzt werden.
In Bezug auf Infrastruktur kann die Partnerschaft Erfolge vorweisen und blickt in eine vielversprechende Zukunft. Der vor kurzem gegründete Infrastruktur-Treuhandfonds EU-Afrika treibt viele Projekte voran: den Bau eines Wasserkraftwerks am Senegalfluss in Felou, Stromnetzverbindungen wie zwischen Benin und Togo oder Namibia und Sambia, Hafenprojekte in Beira (Mosambik), in Pointe Noire (Kongo – Brazzaville) und in Walvis Bay (Namibia), den Bau der Great Eastern Road in Sambia und das Ostafrikanische Unterseekabel-System (EASSy), ein Glasfaserkabel, das für das südliche und östliche Afrika eine stabile Internetinfrastruktur schafft.
Und noch mehr ist in Planung. Letzten September beschlossen EnergieministerInnen aus Afrika und der EU bei einem Treffen in Wien, weiteren 100 Millionen AfrikanerInnen Zugang zu moderner und nachhaltiger Energie bis 2020 zu verschaffen. Es sollen zusätzliche Stromkapazitäten aus Wasserkraft (10.000 MW), Windenergie (5000 MW) und Sonnenenergie (500 MW) geschaffen werden. Bis 2020 sollen die Kapazitäten von anderen erneuerbaren Energien verdreifacht, die Energieeffizienz in allen Sektoren verbessert werden. Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, hat die EU bei den Vorbereitungen für Afrikas „Grüne Mauer“ in der Sahara und Sahel mitgewirkt und wird auch weiterhin die nächste Phase des Projekts unterstützen.
Obwohl in politischen Debatten oft nur die Schattenseiten der Migration aufs Tapet gebracht werden, betonten die EU-VertreterInnen die Wichtigkeit, Strategien zu entwickeln, MigrantInnen die Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die EU versprach, StudentInnenaustauschprogramme zu fördern und MigrantInnen, die Geld nach Hause schicken, sowie die dafür nötigen Institutionen besser zu unterstützen: Das nach Hause gesendete Geld kann ein Motor für Entwicklung sein. Weiters einigte man sich auf verbesserten Zugang zum Internet und die Förderung der Forschung v.a. im Bereich des schädlings- und bakterienresistenten Saatguts, um die Verwendung von Insektiziden und Pestiziden einzudämmen.
Am Schluss des Treffens ließ es sich der Gastgeber des Gipfels, Libyens Präsident Muammar Gaddafi, nicht nehmen, mahnende Worte auszusprechen. Er wies darauf hin, dass alle vorherigen Versuche, eine Partnerschaft zwischen Afrika und Europa aufzubauen, auf dem Papier geblieben seien. Er erinnerte seine europäischen Gäste daran, dass Afrika durchaus Alternativen wie Lateinamerika, China und Indien hätte. Länder, die „sich nicht in unsere internen Angelegenheiten einmischen“, wie er betonte. Dies war ein klarer Seitenhieb auf den Druck der EU, der vor dem Gipfel ausgeübt wurde, damit der sudanesische Präsident Omar El Bashir, gegen den der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl ausgestellt hat, am Gipfel nicht erscheine.
Der französische Journalist François Misser beschäftigt sich seit zwei Jahrzehnten mit Afrika und den Beziehungen EU-Afrika. Er ist Mitarbeiter der Berliner taz, von BBC-Afrique und anderen Medien sowie Autor mehrerer Bücher.
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