Bei der Sequestrierung – auch kurz „CCS“ für „CO2 Capture and Storage“ – geht es darum, das Kohlendioxid aufzufangen und unterirdisch zu lagern, statt es in die Atmosphäre entweichen zu lassen. Eine weltweite Vorreiterrolle bei der Anwendung dieser Methode im industriellen Maßstab spielen die folgenden Projekte: Im norwegischen Sleipner-Gasfeld trennt die Firma Statoil seit 1996 jährlich eine Million Tonnen CO2 von dem dort geförderten Erdgas und pumpt es in eine Salzwasser führende Schicht (Aquifer) 800 Meter unter dem Meeresboden; bisher wurde kein Austreten des Gases beobachtet. Im kanadischen Weyburn-Projekt werden jedes Jahr zwei Millionen Tonnen CO2 in ein Ölfeld gepumpt, um dessen Ausbeute zu erhöhen. Beim Salah-Gasfeld in Algerien wird seit 2004 eine ähnliche Menge CO2 in eine zwei Kilometer tief gelegene Sandsteinschicht injiziert.
Durch die bisherigen Ergebnisse ermutigt, sind inzwischen weltweit dutzende Projekte in Planung oder schon angelaufen, um die Zuverlässigkeit dieser unterirdischen Lagerstätten zu testen. Auch in Österreich, beim fast leer geförderten Gasfeld von Atzbach-Schwanenstadt, untersucht die Firma Rohöl AG im Rahmen des EU-geförderten Projekts Castor dessen Eignung als Endlager für CO2; eine Papiermühle und eine Düngemittelfabrik in der Umgebung kommen als Lieferanten des Treibhausgases in Frage.
Ehe es zur Lagerung kommen kann, muss das CO2 freilich erst eingefangen werden. Das geschieht am besten in Anlagen, wo es bei der Verbrennung von Kohlenwasserstoffen in großen Mengen anfällt: Industrieanlagen wie Stahl- und Zementwerke bieten sich dafür an, in erster Linie aber kohlegefeuerte Kraftwerke, die allein für ein Viertel der jährlich derzeit mehr als 26 Mrd. Tonnen in die Atmosphäre geblasenen Kohlendioxids verantwortlich sind – und in den nächsten Jahrzehnten werden die USA, China, Indien und viele andere Länder hunderte neuer Kohlekraftwerke bauen. Technisch wäre es inzwischen möglich, sie mit Vorrichtungen für das Herausfiltern des CO2 auszurüsten.
In traditionellen Kohlekraftwerken wird pulverisierte Kohle in Luft verbrannt; die entschwefelten Abgase (neben CO2 Stickstoff und Wasserdampf) werden durch einen Schornstein abgegeben. Dieser Schornstein könnte allerdings durch einen Absorptionsturm ersetzt werden, in dem das CO2 durch Materialien wie Amine aus dem Abgasstrom abgetrennt wird. Kostengünstiger ist die CO2-Abscheidung im moderneren Kraftwerkstyp IGCC („Integrated Gasification Combined Cycle“ – Kombikraftwerk mit integrierter Kohlevergasung). Hier wird zunächst Synthesegas (Kohlenmonoxid und Wasserstoff) erzeugt und durch Dampfzufuhr in eine Mischung aus hauptsächlich CO2 und Wasserstoff verwandelt, aus der das CO2 leicht herausgefiltert werden kann. Das restliche Gas wird in einer Gasturbine verbrannt, während die Abwärme eine Dampfturbine antreibt. Auf diese Weise können bis zu 95% des CO2 eingefangen werden.
Auf das Abscheiden und die nötige Kompression des Kohlendioxids, das für den Transport verflüssigt werden muss, entfallen bis zu drei Viertel der Gesamtkosten der Sequestrierung. Diese liegen nach Angaben des International Panel on Climate Change (IPCC) im günstigsten Fall – bei IGCC-Kraftwerken – derzeit zwischen 14 und 53 US-Dollar pro Tonne CO2, sind aber bei konventionellen Kohlekraftwerken gut doppelt so hoch. Durch die Entwicklung neuer Lösungsmittel und Membrane für CO2 sollen diese Kosten in den nächsten Jahren noch deutlich gesenkt werden.
Nach dem erfolgreichen Abscheiden des CO2 geht es darum, geeignete – und möglichst nah an den Emissionsquellen gelegene – unterirdische Lagerstätten zu finden. Das größte Potenzial dafür bieten sogenannte saline Aquifere in mindestens 850 Meter Tiefe, Wasser führende Hohlräume, die in allen Kontinenten existieren und deren Kapazität vom IPCC auf über 1.000 Mrd. Tonnen Kohlendioxid (1.000 Gigatonnen, Gt) geschätzt wird. Das Kohlendioxid bleibt unter dem hier herrschenden Druck flüssig und wird durch die darüber liegende geologische Schicht aus Schiefer oder Lehm am Aufsteigen gehindert. Sowohl die Sicherheit als auch die Aufnahmefähigkeit dieser Reservoire bedürfen aber noch eingehender Tests.
Wesentlich besser erforscht und als relativ sichere Speicher einzustufen sind erschöpfte Gas- und Ölfelder, die sich schließlich über Jahrtausende als dicht erwiesen haben. Ihre weltweite Speicherkapazität liegt je nach Quelle zwischen 200 und 500 Gt CO2 (Wissenschaftlicher Beirat der deutschen Bundesregierung Globale Umweltfragen) bzw. 675 und 900 Gt CO2 (IPCC 2005). Als ähnlich zuverlässig gelten stillgelegte Salzbergwerke und Salzstöcke, die schon heute als Erdgasspeicher Verwendung finden. Eine weitere Option sind nicht abbaubare tiefe Kohleflöze, wo eingebrachtes CO2 an der Kohle angelagertes Methan verdrängt und selbst gebunden wird; das Methan, selbst ein hochwirksames Treibhausgas, wird dabei frei, kann aber genutzt werden. Insgesamt könnte jedenfalls theoretisch das 70 bis 80fache des derzeit jährlich emittierten CO2 derart „entsorgt“ werden.
Da die CO2-Injektion die Ausbeute aus alten Öl- und Gasfeldern steigert, indem der Lagerstättendruck erhöht oder die Viskosität des Öls gesenkt wird, ist diese Technologie durch den wirtschaftlichen Anreiz bereits vielfach im Einsatz. Weitgehend skeptisch beurteilt wird dagegen die Option der Speicherung von CO2 im tiefen Ozean. Versuche haben gezeigt, dass dies u.a. eine Versauerung des Meerwassers bewirkt, die sich toxisch auf marine Organismen und Ökosysteme auswirkt.
Aber auch die Sequestrierung auf dem Land birgt Risiken, auf die hin jede potenzielle Lagerstätte geprüft werden muss: allmähliches oder plötzliches Entweichen des gespeicherten Gases. Als „dicht“ gilt ein Reservoir dann, wenn die Leckagerate niedrig genug ist, um mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen zu können, dass in 1.000 Jahren noch 99% des Gases im Reservoir sein werden. Zusätzlich muss ein plötzliches Austreten des Gases extrem unwahrscheinlich sein. Wie tödlich hohe Konzentrationen des an sich ungiftigen Kohlendioxid sein können, wurde durch die Naturkatastrophe deutlich, zu der es 1986 in Kamerun am Nyos-See kam: In wenigen Stunden stiegen vom Seegrund zwischen 100.000 und 300.000 Tonnen CO2 vulkanischen Ursprungs auf. Das Gas, das schwerer ist als Luft, floss talabwärts und erstickte 1.700 Menschen.
Schließlich stellen auch die für den Transport zu den Endlagern nötigen Pipelines eine mögliche Gefahrenquelle sowie eine Belastung für die Umwelt dar, doch scheinen die bisherigen Erfahrungen dafür zu sprechen, dass sie zumindest nicht bedrohlicher sind als konventionelle Pipelines für Erdöl oder Erdgas.
Ob die in CCS gesetzten Erwartungen der Emissionsvermeidung gerechtfertigt sind, ist bisher nicht erwiesen. Zwar sind die einzelnen Schritte des Prozesses – vom Abscheiden über den Transport bis zum Einbringen in das Endlager – technisch beherrschbar. Es fehlt aber bisher an einem Demonstrationsprojekt, in dem all diese Faktoren großtechnisch zusammengeführt werden.
In den USA steht ein solches Projekt unter dem Namen „FutureGen“ knapp vor Baubeginn (ähnliche Vorhaben gibt es auch in Europa und Australien). Mit diesem IGCC-Kraftwerk, das 2011 in Betrieb gehen soll, soll durch Sequestrierung schließlich eine Reduktion der CO2-Emissionen auf Null erreicht und die Funktionsfähigkeit dieser Technologie demonstriert werden. Damit diese den Rückhalt der Öffentlichkeit gewinnen kann, wird es aber auch nötig sein nachzuweisen, dass gespeichertes CO2 so genau überwacht werden kann, dass die sichere Lagerung möglich ist.
Neben der Akzeptanz der Öffentlichkeit ist eine weitere Voraussetzung dafür, dass Sequestrierung in einem nennenswerten Ausmaß dazu beitragen kann, den CO2-Anstieg in der Atmosphäre zu bremsen, der politische Wille. CCS wird nur dann attraktiv sein, wenn die Ziele im Klimaschutz ehrgeizig genug gesetzt werden und damit die Kosten pro emittierter Tonne dieses Gases auf zumindest 25€ ansteigen – und zwar am besten weltweit, um einen drohenden „CO2-Standortwettbewerb“ zu verhindern. (Der Preis pro Tonne CO2 lag in der EU Anfang April bereits bei 28€.) Das IPCC schätzt in seinem im Herbst 2005 veröffentlichten Bericht „CO2 Capture and Storage“, dass 20–40% der globalen Emissionen im Jahr 2050 in technischer Hinsicht für diese Art der Emissionsvermeidung reif sein werden. Ein Verzicht auf diese Technologie würde hingegen die Kosten für die Stabilisierung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre um 30% oder mehr erhöhen.
Das spricht dafür, diese Strategie in die Palette von Maßnahmen gegen den Treibhauseffekt aufzunehmen, allerdings mit der Einschränkung, dass sie nicht als Vorwand dienen darf, den effizienteren Einsatz der Energie und die Entwicklung der erneuerbaren Energien hintanzustellen, die Sequestrierung hoffentlich eher früher als später überflüssig machen werden.