Ende einer Ära

Von Maiada G. Hadaia · · 2011/09

Das „Eine-Welt-Stipendium“ für Studierende, junge ForscherInnen und WissenschafterInnen aus Afrika, Asien und Lateinamerika wird eingestellt.

Vor 50 Jahren vergab das Afro-Asiatische-Institut Wien das erste so genannte Eine-Welt-Stipendium (EWS). Vor ca. 20 Jahren war die Zahl der StipendiatInnen mit über 400 am höchsten. Ab Mitte der 1990er Jahre gingen die Stipendien kontinuierlich zurück, und im laufenden Studienjahr sind es österreichweit 77.

Diese Art Studienförderung verstand sich von Beginn an als bildungspolitischer Beitrag zum nachhaltigen Aufbau eines eigenen Fachkräfte- und Innovationspotenzials für Entwicklungsländer. Über die Stipendienvergabe hinaus boten die Betreuungsorganisationen ein besonderes Bildungsprogramm an. Ziel war die Förderung interkultureller Begegnungen und Dialoge sowie die Auseinandersetzung mit gesellschafts- und entwicklungspolitisch relevanten Themen. Dadurch konnte der Aufbau institutioneller und persönlicher Kontakte und Beziehungen zwischen Österreich und den Herkunftsländern etabliert werden.

Das EWS hat nicht nur eine Fachausbildung ermöglicht, sondern Persönlichkeiten hervorgebracht. Viele sind in ihre Heimatländer zurückgekehrt und an verschiedensten Institutionen tätig. Einige ehemalige StipendiatInnen leben in Österreich und arbeiten in der Forschung, in der Politik oder als BeraterInnen in Fragen von Migration und Integration. Zwei Brasilianerinnen haben die Migrantinnenorganisation maiz in Linz gegründet. Sie setzen sich unter anderem mit der Problematik der Frauenarbeitsmigration auseinander.

Die Betreuung der StipendiatInnen erfolgte durch die Afro-Asiatischen Insitute Graz, Salzburg und Wien, das Lateinamerika Institut, die Orient-Gesellschaft sowie den Österreichischen Austauschdienst (OeAD-GmbH). Finanziert wurde das Programm durch staatliche, kirchliche und private Mittel.

Die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (ADA) stellt ab Herbst 2011 die Förderung aufgrund eines strategischen Richtungswechsels in der entwicklungspolitischen Bildungszusammenarbeit ein. Durch das neue Programm „appear“ zur Förderung von akademischen Partnerschaften (siehe SWM 5/10) soll vor allem der Hochschulsektor vor Ort gestärkt werden. Die zuständigen Organisationen ziehen insgesamt eine positive Bilanz. Ob sich die Finanzierung eines Stipendienprogramms mit einem interkulturellen Bildungsprogramm nochmals realisieren lässt, ist nicht absehbar. Zu erwarten sind jedoch noch weniger Studierende aus dem globalen Süden an Österreichs Universitäten.

Die Autorin leitet die Sendereihe „Welt im Ohr“ bei „Ö1 Campus Radio“ für die Kommission für Entwicklungsfragen (KEF) bei der OeAD.
www.kef.podhost.de

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