Georg Bauernfeind ist unser Reporter des Wahnsinns
Geld – das ist in NGOs und Wohltätigkeitsorganisationen eine sehr zwiespältige Angelegenheit. Einerseits halten viele engagierte Menschen Geld „an sich für dreckig“. Man will damit lieber nichts zu tun haben. Also fast nichts. Als Spenden auf dem Vereinskonto würde man es schon akzeptieren, bloß: Wo bleibt es immer nur?
Angeblich liegt es ja auf der Straße. Aber weil es sich dort partout nicht finden lässt, bleibt einem nichts anderes übrig, als es zu überlisten. Man geht also zur Agentur Wunderwuzzi und die spricht das Wort – man kennt es, aber man wollte es vermeiden – gelassen aus: Charity.
Da tun sich viele Fragen auf: Stimmt es, dass Prominente permanent am Telefon sitzen und darauf warten, zum Spenden eingeladen zu werden? Hat die Seitenblicke-Gesellschaft die Oberflächlichkeit schon so satt, dass sie ohne „richtig spenden“ einfach nur noch kotzen würde? Wie viel bleibt von einer Charity-Veranstaltung über – nicht an Brötchen, sondern an Spenden?
Ich treffe den Fundraiser Gregor Menschenfreund. Es gibt zwei Arten von reichen Menschen, sagt er mir. Solche, die sich mit Leuten wie ihm treffen und solche, die wirklich spenden. Günter W. Pommel, zum Beispiel. Ein Selfmade-Millionär, der beim Aufbau einer Finanzpyramide von Anfang an dabei war und den Platz ganz oben erwischte. „Sein PR-Mann vergewissert mir jeden Monat: Ja, Pommel will spenden. Gebrauchte Computer von anderen Leuten oder Bilder, die seine Frau malt. Wenn wir ihm helfen, die Bilder zu verkaufen, bekommen wir zwanzig Prozent! Er schafft es einfach nicht zu spenden. Sollen wir Seminare anbieten: ‚Geld loswerden – leicht gemacht‘, ‚Spenden für DUMMIES?‘“
Das kann wütend machen und so wunderte ich mich nicht, als ich eines Tages ein E-Mail von Gregor erhielt: „Einladung zur Benefizveranstaltung. Obdachlose organisieren eine Charity-Veranstaltung für von der Krise betroffene Seitenblicke-Promis.“ Ich kam gerade hin, als ein gut gekleideter Mann gerührt einen Scheck übernahm: „Die Krise erwischt uns voll“, sagte er. „Wir müssen sparen: Einen Dienstwagen unter 120.000 Euro zu finden, ist echt nicht leicht.“ Die von den Obdachlosen gesammelten 150 Euro seien eine sehr wertvolle Unterstützung für die soeben gegründete Supervisionsgruppe. Als der Augustin-Chor „God save the Promis“ intonierte, wurde mir klar, dass es sich um eine aktionistische Kunstintervention handelte. „Irgendwie muss man sich wehren“, sagte mir Gregor und biss genüsslich in seine Benefiz-Burenwurst.
Georg Bauernfeind ist Kabarettist und Publizist in Wien.
www.georg-bauernfeind.at
Neues Programm: www.wurschtundwichtig.at
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