Oft sind es die kleinen Dinge, die viel über das Leben erzählen. Zum Beispiel, wenn man ein paar Raummeter Brennholz mitten in die Stadt geliefert bekommt.
Hierzulande gehört der öffentliche Raum den Autos. Ohne Auto ist es nicht möglich, sich – etwa gegen eine geringe (Parkschein)Gebühr – ein Stück Straßenrand in Wien zu reservieren, wohin dann der Förster aus Niederösterreich die Eichenscheiter kippen könnte.
Improvisierte Methoden, ein Stück öffentlichen Raum vorübergehend exklusiv zu nutzen (z.B. eine Holzkiste mit einem Schild: „Bitte…“), erregen den Unmut der AutofahrerInnen. Will man dann einem, der vorher eine kleine Vorstellung in unfeiner nonverbaler Kommunikation gezeigt hat, die eigene Bedarfssituation freundlich erklären, tritt er mit abgewendetem Kopf die Flucht nach hinten an. Er mag und kann nicht reden. Reden muss allerdings diejenige, die keinen rechtlichen Anspruch auf ein Stückchen Straße geltend machen und es sich nicht leisten kann, wie die Baufirmen, ein Stück öffentlichen Raums gegen Bezahlung längerfristig zu reservieren.
Wie kommt man mitten in der Stadt zu einer Schubkarre für den Brennholztransport von der Straße in den Keller? Autonom und stolz kann man in einem Baumarkt am Stadtrand ein teures Platz raubendes Stück erwerben, das nur alle zwei Jahre benötigt wird.
Eine andere Möglichkeit ist es, an die nächstgelegene Bauhütte oder Bauarbeiter-Wärmestube zu klopfen und zu reden. Fast sicher bekommt man dann nicht nur eine Schubkarre geliehen, sondern auch Einblicke in eine fremd anmutende Arbeitswelt (in besonderen Fällen vielleicht sogar eine Einladung zu einer Kranfahrt.)
Wer wenig Geld und keine verbrieften Rechte oder Ansprüche hat, muss mit seinen Mitmenschen reden. Eine in armen Ländern oder in der MigrantInnenszene gut beobachtbare Tatsache. Meist finden wir Mitglieder einer Dienstleistungsgesellschaft, in der selbst Emotionen scheinbar käuflich sind, das sehr ansprechend. Doch auch hier könnte sich im Alltag oft die Frage stellen: „Geld oder Reden?“
Wer mit Erfolg und oft mit anderen redet, schafft sich das, was man „Netzwerk“ nennt, was insbesondere in städtischen zersplitterten Gesellschaften die Gemeinschaft ersetzt.
Das am meisten Erschreckende am herrschenden Kapitalismus ist seine zerstörerische Wirkung auf die Gesellschaft. Deren Existenz wird von neoliberalen Hardlinern wie Margaret Thatcher überhaupt in Abrede gestellt. Wenn die Menschen nichts mehr miteinander zu tun haben, nicht mehr miteinander reden, nicht tauschen, borgen, untereinander kommunizieren, werden sie sich auch kaum solidarisieren.
Den anderen um etwas zu bitten, bei ihm oder ihr vorübergehend in der Schuld zu sein, dem Gegenüber das Gefühl zu geben, nützlich zu sein, ist für das autonome Individuum zwar manchmal anstrengend, es spart allerdings auch eine Menge Geld. Und das Wichtigste: Es schafft Gemeinschaft und macht wirklich Spaß.