Die einstigen Führer des Befreiungskampfes gegen die indonesische Besatzungsmacht stehen sich in teilweise unversöhnlichen Positionen gegenüber. Bei den ersten Parlamentswahlen des jungen Staates Ende Juni hat die aus dem Befreiungskampf hervorgegangene Fretilin 21 von 65 Sitzen erzielt, der vom großen Helden dieses Kampfes, Xanana Gusmão, geführte Nationalkongress für den Wiederaufbau (CNRT) 18 Sitze. Die von dem erst seit Mai amtierenden Präsidenten José Ramos-Horta (Friedensnobelpreisträger 1996) gewünschte Regierung der nationalen Einheit scheiterte am Widerspruch von Fretilin-Chef Mari Alkatiri, erster Ministerpräsident des Landes, der dieses Amt auch in Zukunft bekleiden will.
Gusmão verfügt nun mit Unterstützung zweier anderer Parteien über eine Parlamentsmehrheit von 37 Sitzen. Die Fretilin will die Nationalversammlung jedoch boykottieren und setzt auf Straßenproteste. Die gewaltsam ausgetragenen politischen Unruhen des Vorjahres waren erst durch den Einsatz internationaler, v.a. australischer Friedenstruppen beendet worden.