Regisseur Hubert Sauper sieht seinen Fim „Darwin’s Nightmare“ als eine Liebeserklärung an die Menschen von Tansania – diese sehen ihn anders.
Die Oscar-nominierte Dokumentation „Darwin’s Nightmare“ ist in Tansania bisher auf wenig Gegenliebe gestoßen. Zweimal hatte der Regisseur Hubert Sauper den Film über das Geschäft mit dem Viktoriabarsch (s. SWM 12/2004, S.8) erfolglos für ein tansanisches Filmfestival angemeldet. Gezeigt wurde er erst im August mit zwei Jahren Verspätung und hat das Parlament, die Regierungspartei CCM und Präsident Jakaya M. Kikwete – von der tansanischen Bevölkerung kurz „JK“ genannt – auf den Plan gerufen. Das österreichische Außenministerium und die finnische EU-Präsidentschaft nahmen nach Appellen von Reporter ohne Grenzen und der österreichischen Grünen Kontakt mit den tansanischen Behörden auf, nachdem Sauper Sorge um die in Mwanza lebenden Film-Mitwirkenden geäußert hatte. Einer davon, der Journalist Richard Mgamba, wurde von CCM-Mitgliedern belästigt und musste die Stadt verlassen, ist inzwischen aber wieder zurückgekehrt.
Parlament und Partei werfen dem Regisseur vor, das Ansehen der Nation sowie den für Tansania so wichtigen Handel mit Viktoriabarsch geschädigt zu haben. Tatsächlich erlebte der Fischexport laut einem Marktbericht des Fischerei-Informationsnetzwerks „Globefish“ in Ländern, in denen der Film im Fernsehen lief, einen zwar kurzfristigen, aber deutlichen Einbruch. Das Ostafrika-Büro der internationalen Umweltschutzorganisation IUCN kritisiert Sauper in einem offenen Brief dafür, positive Aspekte der Fischindustrie bewusst außer Acht gelassen zu haben. Der Nachtwächter des Fischerei-Forschungsinstituts in Mwanza – einer der Hauptgesprächspartner im Film – sei dafür nicht die richtige Auskunftsperson gewesen, erklärt IUCN, und lädt Sauper ein, nächstes Mal auch mit den Angestellten des Instituts zu sprechen.
Dass der Regisseur wunde Punkte berührt hat, zeigt sich am Thema illegaler Waffenhandel. Die CCM äußert sich in ihrer Erklärung erschüttert darüber, dass ein Land, das sich so sehr für den Frieden in der Große-Seen-Region eingesetzt hat, durch den Film als Kriegstreiber dastehe. M. M. Mwanakijiji, Direktor des Tansanischen Zentrums für Frieden und Demokratie, veröffentlichte nun einen Artikel mit dem Titel „Wo Rauch ist, ist auch Feuer“. Dort zitiert er Berichte der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, des US State Departments und der UNO aus den letzten zehn Jahren, in denen Tansania immer wieder als Transitland für Waffenschmuggel auftaucht. Mwanakijiji fordert in seinem auf der Website „KLH News“ publizierten Bericht die Regierung auf, den Vorwürfen nachzugehen und die tansanische Bevölkerung darüber aufzuklären.
Mwanakijiji hat Sauper auch in einem Radiointerview Gelegenheit gegeben, Stellung zu nehmen. Dort betont der Regisseur, er habe in erster Linie einen Film über Menschen gemacht und verstehe ihn als „Liebeserklärung eines Europäers an die Menschen Tansanias“. Auch sei er jederzeit dazu bereit, den Film in Tansania zu zeigen und sich öffentlichen Diskussionen zu stellen. „Ich laufe nicht vor Fragen davon“, versichert der Regisseur.