Übersetzt von Dagmar Ploetz. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2004, 160 Seiten, EUR 16,90
Eine Million Exemplare betrug die Auflage der Originalausgabe, die in den spanischsprachigen Ländern im vergangenen Oktober auf den Markt kam – doch noch vor dem Erscheinungsdatum war der Markt in Kolumbien bereits mit Raubkopien überschwemmt. Die Kolumbianer lieben ihren „Gabo“ eben auf ihre Weise.
Er ist und bleibt einer der meisterhaftesten Erzähler der zeitgenössischen Literatur, und dass er Liebesgeschichten auf besonders ergreifende Weise zu erzählen vermag, hat der kolumbianische Literaturnobelpreisträger ebenfalls schon mehrfach bewiesen.
„Erinnerung an meine traurigen Huren“ ist die Rückschau eines 90-jährigen Journalisten auf sein – einseitiges, oder eigentlich gar nicht vorhandenes – Liebesleben und die Schilderung einer überraschenden Entwicklung, die genau am 90. Geburtstag ihren Ausgang nimmt. Nicht vorhanden, da er die Liebe sein ganzes Leben lang nur in ihrer käuflichen Form kennen gelernt hatte: In den Bordellen von Barranquilla, in denen er, wie so viele andere angesehene Mitglieder der Gesellschaft, Dauergast ist – und die auch Gabo in seinen jugendlichen Redakteurszeiten in der karibischen Hafenstadt aufgesucht haben wird.
„Im neunzigsten Jahr meines Lebens wollte ich mir eine liebestolle Nacht mit einer Jungfrau zum Geburtstag schenken“, so beginnt Gabriel García Márquez seinen neuesten Roman, von dessen Entstehungsgeschichte kaum jemand etwas wusste. Knapp 14 Jahre ist das Mädchen, das ihm Puffmutter Rosa zur Verfügung stellt. Tagsüber arbeitet sie in einer Knöpfefabrik, nachts wird sie ab nun zum Objekt der lustvollen Betrachtung und Liebkosungen des Greises. Wortlose Nächte, Nächte des stummen Voyeurismus. Ein von Rosa angefertigter Baldriantrunk versetzt das Mädchen in einen Tiefschlaf. Der alte Lüstling kommt nunmehr jede Nacht, und jede Nacht dasselbe Spiel – er schaut, tastet, liebkost das unbekannte junge Mädchen, das da nackt und unbedeckt auf dem Bett im nüchternen Bordellzimmer schläft.
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