Btb-Verlag, München 2002,
313 Seiten, EUR 8,30.
Jedes indische Schulkind lernt, dass große Dämme das indische Volk von Hunger und Armut erlösen werden. Nehrus Rede vor 50 Jahren, in der er von den Staudämmen als „Tempeln des modernen Indien“ spricht, ist jedem/jeder InderIn ein Begriff. Der Bau von Dämmen galt lange Zeit als das Synonym für nationalen Fortschritt. Überschwänglich brüstet sich Indien heute als der drittgrößte Damm-Errichter der Welt. Der Bevölkerung, deren Lebensgrundlage an den Flüssen zerstört wurde, erzählte man, dass es notwenig sei, kleinere Opfer zum Wohle aller zu erbringen. Doch der versprochene Segen für die Bevölkerung blieb aus, dafür landeten die Vertriebenen in den Slums der Großstädte, ohne Essen und ohne Zukunft. Die Felder wurden überflutet, Krankheiten breiteten sich aus, die Ernten, also die Lebensgrundlage vieler wurden zerstört.
Die Staudämme wurden laut Regierung gebaut, um die indische Bevölkerung mit Wasser zu versorgen. „Trotzdem hat ein Fünftel unserer Bevölkerung kein sauberes Trinkwasser und zwei Drittel besitzen keinen Zugang zu den elementarsten sanitären Einrichtungen“, schreibt Arundhati Roy, die sich stark gegen die Errichtung des Narmada-Staudamms engagiert. In „Die Politik der Macht“ beschreibt sie detailliert die korrupten Machenschaften der Regierung rund um die Errichtung von Dämmen. Weiters spricht sie sich kämpferisch gegen Atomwaffen aus. Das Buch ist eine Sammlung politischer Essays und beinhaltet auch ihre viel diskutierten Beiträge zu Afghanistan und den Anschlägen vom 11. September. Roy nimmt leidenschaftlich zu aktuellen politischen Ereignissen Stellung, zeigt Ungerechtigkeiten auf, nimmt sich in ihrer Kritik kein Blatt vor den Mund und prangert mutig die Verantwortlichen an.