Von: Silvia Payerl
Betreff: Dritte Klasse, voller Waggon
Liebe Redaktion,
auf Reisen in Indien passieren mir jedes Mal faszinierende Dinge. Bin ich dann eine Weile vor Ort, kommt es mir schon so vor, als wäre das alles total normal.
Zum Beispiel bei meiner letzten Zugfahrt von Madurai, einer Stadt im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu, nach Trichy. An sich eine kurze Strecke, für die man etwa drei Stunden braucht. Ich hatte spontan beschlossen, ohne Reservierung in der dritten Klasse zu reisen. Aber als ich sah, wie brechend voll die Waggone waren, bereute ich meine Entscheidung. Ich war überzeugt, dass ich es da niemals rein schaffen werde.
Irrtum! Die Menschentraube hat mich einfach mitgezogen. Die Leute saßen auf Gepäcksablagen und Stufen – und auch ich fand irgendwo ein Plätzchen.
Das Erstaunliche war, dass sich bei jeder Station erneut unfassbar viele Passagiere in den Waggon hineinschoben, ohne viel Aufsehens, Jammern oder gar Ellbogen. Im Gegenteil: Jeder half den Neuzugestiegenen, damit sie auch mitfahren konnten.
Indien kommt mir oft so laut und chaotisch vor. Zugfahren in der dritten Klasse hingegen ist ein Erlebnis, wo man sehr viel Solidarität und Zusammenhalt spürt. Fast bin ich verleitet zu behaupten, dass das in Österreich nicht normal wäre.
Liebe Grüße,
Silvia
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