Portugiesische Vielfalt

Von Werner Leiss · · 2019/Jul-Aug

Die neuen Alben von Misia, Maria Emília und Danças Ocultas haben alle einen Bezug zu Brasilien.

Wer Portugal mit Fado assoziiert, liegt natürlich nicht völlig falsch. Das Land bietet aber freilich erheblich mehr musikalische Traditionen. Am ehesten bedient Maria Emília mit dem Album „Casa De Fado“ herkömmliche Vorstellungen. Sie kam schon in ganz jungen Jahren nach Portugal, eigentlich stammt sie aus São Paulo. Nach Brasilien zurückgekehrt, hielt es sie dort nicht lange. Bald war sie wieder in Portugal, wo sie ernsthaft an ihrer Karriere feilte. Mit frischer, klarer Stimme und einer Hand auf der Taille singt sie von klassischen Themen wie Liebe und Eifersucht und vergleicht Fado mit einem Karneval.

Keine Grenzen. Misia ist zweifellos eine der schillerndsten und interessantesten Fado Sängerinnen. Die vergangenen beiden Jahre seien ein essenzieller Lernprozess von entscheidender Wichtigkeit für sie gewesen, meint sie im Begleittext ihres neuen Albums „Pura Vida (Banda Sonora)“. Für sie hätte sich alles verändert, speziell für ihre Arbeit gäbe es nunmehr keine Grenzen mehr.

Tatsächlich wartet das Album mit einer anderen, durchaus überzeugenden  Besetzung auf: Gesang, Klavier, Klarinette, Geige, portugiesische Gitarre und E-Gitarre. „Die portugiesische Gitarre ist der Himmel und die E-Gitarre ist die Hölle. Das Gefühl der Tragödie wird auf diesem Album von der elektrischen Gitarre getragen“, so Misia.

Zu den Texten von Miguel Torga, Vasco Graça Moura, Tiago Torres da Silva u.a. fügt sie ein paar Stücke auf Spanisch hinzu. Als Gastmusiker sind der Fado-Sänger Ricardo Ribeiro, der junge Gitarrist Gaspar Varela, der katalanische Musiker Raül Refree und nicht zuletzt Melingo aus Argentinien vertreten. Mit seiner wunderbar knarzigen Stimme ist er mit Misia im Duett zu hören. Ein Album, das zwar Fado beinhaltet, aber kein Fado-Album ist.

In Rio de Janeiro. Das Akkordeon-Quartett Danças Ocultas gehört mit ihrer nun schon drei Jahrzehnte andauernden Karriere natürlich längst zu den wichtigen Aushängeschildern der zeitgenössischen portugiesischen Musik. Bis heute ist es in seiner Anfangsbesetzung aktiv. Die Aufnahmen zu „Dentro Desse Mar“ entstanden zum Großteil in den Casa do Mato Studios in Rio de Janeiro mit Jaques Morelenbaum als Produzenten.

Der bekannte Cellist, Komponist, Arrangeur und Produzent arbeitete bereits mit Tom Jobim, Caetano Veloso, Marisa Monte, Ryuichi Sakamoto oder David Byrne zusammen. Brasilianische MusikerInnen wie Zelia Duncan,  Robertinho Silva oder Marcelo Cota wurden zu den Aufnahmen eingeladen. Entstanden ist eine musikalische Reise von Lissabon nach Rio de Janeiro, in der manche Stücke stark portugiesisch beeinflusst sind, in anderen die Atmosphäre Rios eingefangen wurde.

Werner Leiss ist Musikkritiker des Südwind-Magazins und Redakteur des -„Concerto“, Österreichs Musikmagazin für Jazz, Blues und Worldmusic.

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