Der Flutkatastrophe in Mosambik vor einem Jahr folgte eine Dürreperiode, die wiederum im April dieses Jahres von Hochwasser abgelöst wurde. Extreme Bedingungen, auch für die MitarbeiterInnen österreichischer NGOs vor Ort.
Mosambik scheint in internationalen Statistiken (z. B. dem UNDP-Bericht) als siebtärmster Staat der Welt auf. Erst 1994 hat das Land einen jahrzehntelangen Guerillakrieg abgeschüttelt, der von externen Kräften angestachelt und Wnanziert wurde. Seitdem haben es die Menschen des südostafrikanischen Landes innerhalb kürzester Zeit geschafft, die Grundversorgung an Nahrungsmitteln für die etwa 19 Millionen EinwohnerInnen sicherzustellen. Eine demokratische Verfassung wurde angenommen, und das Volk konnte in drei Urnengängen von seinem Wahlrecht Gebrauch machen. Es gibt eine freie Presselandschaft, Privatradio und -fernsehen. Die Wirtschaft wuchs von 1993 bis 1999 durchschnittlich um etwa neun Prozent im Jahr. Gleichzeitig aber beklagen sich die Menschen über die weit verbreitete Korruption, die ungerechte Wohlstandsverteilung, das schlechte Sozialsystem und die Arbeitslosigkeit. Am schlimmsten allerdings treffen das Land die unvorhersehbaren und immer wieder auftretenden Wetterkapriolen.
Die Flutkatastrophe vom März 2000 war besonders verheerend. In der Provinz Sofala im Zentrum des Landes wurde die vierfache Niederschlagsmenge einer normalen Regenzeit gemessen. Seit mehr als 50 Jahren hatte es nicht mehr so viel geregnet.
Der Zyklon Eline brachte auch den Nachbarländern Mosambiks überdurchschnittlich viel Regen. Und während die Böden in Mosambik das Wasser nicht mehr halten konnten, mussten im Hinterland (Mosambik und Simbabwe) die Schleusen der riesigen Staudämme geöffnet werden. Die zusätzlichen Wassermassen wälzten sich die Täler hinunter.
Mosambik hat von Natur aus ein großes Gefahrenpotential, sagt Carolyn Mc Askie, UN-Koordinatorin für Katastrophenhilfe. Unsere Aufgabe ist es, aus dem vorhandenen Risiko keine humanitäre Katastrophe werden zu lassen. Es sei wichtig, die Entwicklung von widerstandsfähigen Dorfgemeinschaften (Resilient Communities, widerstandsfähige Gemeinden) zu fördern, die mit den wechselnden Gegebenheiten der Region umgehen können.
Die österreichische Entwicklungszusammenarbeit (ÖEZA) versucht, dem Rechnung zu tragen. Unsere Bemühungen stehen unter der Maxime der Armutsbekämpfung, sagt Christian Zeininger, Koordinator der ÖEZA in Mosambik. Dort, wo es notwendig sei, werde externes Know-how zur Verfügung gestellt. Letztendlich müsse es aber zu einer Rücknahme des externen Inputs und zur Stärkung der lokalen Strukturen kommen. Der Abschluss eines Projektes müsse in der Übergabe der Agenden an Partner vor Ort bestehen.
In der von den Wetterkatastrophen hart getroffenen Provinz Sofala arbeitet Hemma Tengler. Sie leitet schon seit Jahren Demokratisierungs- und Dezentralisierungsprojekte für das Österreichische Nord-SüdInstitut (ÖNSI). Im Bezirk Buzí waren etwa 60.000 der 150.000 EinwohnerInnen von den Zerstörungen des Wirbelsturmes und der nachfolgenden Überschwemmung betroffen, berichtet die Österreicherin. Die Hilfslieferungen seien hier schnell angelaufen. Bald stand man jedoch vor dem Problem, was mit den 600 Familien geschehen sollte, die nicht mehr in ihre Dörfer zurückkehren konnten. Die Entscheidungen mussten schnell fallen, so Tengler. Die Geografin und ihr Team erarbeiteten eine Wiederansiedlungsstudie. Gleichzeitig wurden vorher gesammelte Daten über die Grundbedürfnisse (Schulen, Brunnen, Gesundheitsversorgung usw.) der Dörfer mit der Situation nach der Katastrophe verglichen. Aus diesen Erkenntnissen ergeben sich zukünftige Projektansätze. Und Tengler resümiert: Trotz der Zerstörungen sind die Prioritäten gleich geblieben. Das zeigt schon, wie extrem niedrig das Niveau an sozialer Infrastruktur ist.
Auch die Caritas widmet sich in mehreren Projekten der Wiederansiedlung der am ärgsten von den Fluten Betroffenen. Mitte Februar erfolgte nahe dem ehemaligen Flüchtlingslager bei Koko Missava der Startschuss für ein ambitioniertes Dorfbauprojekt, das aus Mitteln der Caritas Vorarlberg Wnanziert wird. Constantino Altea Cuna, Ortsvorsteher von Koko Missava, informiert: Es leben noch immer mehr als 150 Familien hier, die kein eigenes Dach über dem Kopf haben.
Die Familien, die früher in der Überschwemmungszone des Tales lebten, erhalten hier, auf einer sicheren Anhöhe, von der Regierung ein Stück Land. Die Caritas stellt technische Hilfe und Baumaterial zur Verfügung, damit sich die Menschen in Eigenregie ein neues Heim errichten können. Es sollen feste Häuser werden, die auch einem Sturm standhalten, gemauert und mit Zementboden, erklärt die Vorarlberger Ordensschwester Paulis Mohr. Ein richtiges Dorf soll entstehen, mit Brunnen, Marktplatz und einer Gesundheitsstation.
Der Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe des vergangenen Jahres ist zügig verlaufen, trotz der verheerenden Auswirkungen. Die Überschwemmungen kosteten 700 Menschen das Leben, mehr als eine halbe Million MosambikanerInnen verloren ihr gesamtes Hab und Gut. Monatelang lebten sie in Flüchtlingslagern, waren auf Lebensmittel- und Medikamentenlieferungen angewiesen.
Malaria und Cholera griffen rasch um sich. Alleine in der Provinz Gaza wurden im ersten Halbjahr 2000 nach Zahlen der staatlichen Katastrophen-Koordinationsstelle (INGC) 495.804 Fälle von Malaria diagnostiziert. Dagegen Wel die heurige Regensaison vergleichsweise harmlos aus: etwa 30 Menschen sollen beim Überqueren von Flüssen und in mitgerissenen Fahrzeugen ihr Leben verloren haben. Die mosambikanische Armee musste Tausende gefährdete Personen in Sicherheit bringen.
Neben der menschlichen Tragödie ist auch der wirtschaftliche Schaden der Überschwemmungen enorm. Offiziellen Schätzungen zufolge wurden in der Flutkatastrophe des Jahres 2000 bis zu 25 Prozent der landwirtschaftlichen Anbaufläche Mosambiks zerstört. In der Reiskammer des Landes, der Region um Chókwč, wurden die Bewässerungsanlagen derart in Mitleidenschaft gezogen, dass in der Anbausaison 2000/01 weniger als 20 Prozent des Normalertrages lukriert werden.
Die Schäden an Straßen, Eisenbahnlinien, Strom- und Telekommunikationsleitungen legten den Handel in weiten Teilen des Landes für Monate lahm. Wie die Finanzministerin Mosambiks, Luisa Diogo, berichtete, betrug der wirtschaftliche Gesamtschaden 600 Millionen US-Dollar, etwa neun Milliarden Schilling. Für ein Land mit einem Gesamtbudget für 2001 von etwa einer Milliarde US-Dollar, das noch dazu zu fast 50 Prozent durch ausländische Finanzhilfe gedeckt werden muss, eine schwere Belastung. Für die heurigen Überschwemmungen liegt noch keine endgültige Schadensbilanz vor. Eines steht jedoch schon fest: Dank einer besseren Katastrophenvorbereitung und -einsatzkoordination konnte das Schlimmste verhindert werden.
Aufgrund der wirtschaftlich und strategisch bedeutenden Lage des Landes im südlichen Afrika ist die internationale Gebergemeinschaft an einer politischen Stabilität und wirtschaftlichem Wachstum in Mosambik interessiert. Die internationalen Entwicklungshilfeleistungen spielen mit rund einer Milliarde US-Dollar/Jahr für die mosambikanische Wirtschaft eine bedeutende Rolle. 1998 machten laut OECD-Statistik die Netto-ODA-Leistungen (Official Development Assistance) rund 27 Prozent des Bruttosozialproduktes aus. Österreichs Anteil liegt bei durchschnittlich 0,4 Prozent der gesamten ODA-Leistungen an Mosambik.
Mosambik ist Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (EZA) im Außenministerium. Seit 1975 besteht eine bilaterale EZA mit Mosambik, seit Mitte der achtziger Jahre beträgt das Gesamtbudget der EZA etwa 50 Millionen Schilling jährlich. Schwerpunktregion ist die Provinz Sofala.
Lydia Matzka
Harald Grabher ist Mitarbeiter der APA und lebt als freier Journalist in Wien.
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