Enttäuscht

Von Redaktion · · 2014/05

Titel Ruanda SWM 3/2014

Mit Spannung habe ich zu 20 Jahre Genozid in Ruanda auf einen entsprechenden Artikel im SW-Magazin gewartet. Jetzt bin ich doch darüber enttäuscht. Zugegeben, dass eine Journalistin, die in Uganda lebt und regelmäßig nach Ruanda reist, vorsichtig mit ihrer Kritik an einem „de facto Militärregime“ umgehen muss – sie hat dennoch einige kritische aktuelle Details gebracht. Was mir jedoch besonders abgeht, ist die historische Komponente. Sonst wäre der Satz auf Seite 13 „Die RPA war vom östlichen, englischsprachigen Uganda aus einmarschiert, um das Massenschlachten zu stoppen“ nicht erklärbar – er entspricht schlichtweg nicht den historischen Ereignissen. Zu Beginn des Genozids im April 1994 hatte die Rebellen/Befreiungsarmee nach einem vierjährigen Buschkrieg bereits weite Teile des Nordens Ruandas besetzt und durch den Friedensvertrag waren 1.000 bewaffnete RPA-Soldaten in Kigali stationiert.

Der Konflikt zwischen sogenannten „Tutsi“ und sogenannten „Hutu“ (die Urbevölkerung der „Twa“, die 1994 ebenfalls stark dezimiert wurde, kommt im Artikel gar nicht vor) reicht in die vorkoloniale Feudalstruktur des Königreiches zurück. Ende der 1980er Jahre kam Ruanda, wie viele afrikanische Länder, in eine ökonomische Krise; dazu kam 1989/90 (nach der Wende im Osten) der internationale Druck zur Demokratisierung, wodurch sich neue Parteien entlang der „ethnischen“ Konfliktlinien bildeten und das politische Klima angeheizt wurde. Dies war der Zeitpunkt für eine wohl vorbereitete und von Ugandas Präsident Museveni unterstützte Invasion einer gut bewaffneten Exilarmee (vor allem Tutsi) von Süd-Uganda aus im Norden Ruandas im Herbst 1990. Ein vier Jahre dauernder „Rebellenkrieg“ forderte tausende Tote und über eine Million Binnenflüchtlinge, führte zu Waffenstillständen und 1993 zu einem Friedensvertrag – allerdings in einem explosiven Konfliktklima.

Der Flugzeugabschuss am 6. April 1994 mit den Präsidenten von Ruanda und Burundi an Bord war der Startschuss für ein drei Monate dauerndes Gemetzel, an deren Ende die Machtergreifung der siegreichen Rebellenarmee unter Paul Kagame  stand.

Richard Langthaler
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